Niveaustufen bewerten

https://www.bildungsplaene-bw.de/site/bildungsplan/get/documents_E1536515216/lsbw/Bildungsplaene/Bildungsplaene-2004/Niveaukonkretisierung/Gymnasium/NK-Gym-D.pdf

Niveaukonkretisierung  für Deutsch, Klasse 6, 2006, allgemeinbildendes Gymnasium
Thema: Gedanken wiedergeben

Vorbemerkungen

Diese Problemstellung ist geeignet, Schülerinnen und Schüler zum gestaltenden Inter­pretieren hinzuführen. Sie regt an, sich in eine Person einzufühlen und mögliche Gedanken einer Figur darzustellen. Damit wird produktives Verstehen einer Textvorlage verlangt. Auf der Basis analytisch gewonnener Ergebnisse des Textverstehens versetzt sich der Schreiber in eine Person, ihre Gedanken und Gefühle und gestaltet die Gedanken text- und figuren­adäquat aus.
Bezugspunkt bleiben immer die Vorgaben des Textes. Kriterien für die Qualität der Dar­stellung sind der logische Bezug zur Textvorlage: inhaltlicher Zusammenhang, Glaubwürdig­keit, nachvollziehbare Begründung, Anschaulichkeit und Verständlichkeit. Der Text muss als Gedankenfolge aus der Ich-Perspektive verfasst sein.
Damit trägt die Problemstellung dazu bei, die Distanz zum Originaltext abzubauen und sich in persönlicher Weise mit dem Inhalt des Textes zu befassen.
Darüber hinaus wird Empathiefähigkeit gefördert. Die Schülerinnen und Schüler werden dazu angehalten, sich mit Werten auseinander zu setzen.

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Niveaubeschreibung

Niveaustufe A

In knappen Sätzen wird über Schuld und Unschuld der beiden Personen geurteilt.
Die Dilemma-Situation des Richters ist im Hintergrund vorhanden, wird aber nicht verbalisiert. Die Schülerinnen und Schüler durchschauen den Betrüger.
Einige wenige Überlegungen des Richters werden genannt und stehen ohne Kontextbezug isoliert im Aufsatz. Die Figur des Richters gewinnt kein Profil. In der knappen Gedankenfolge zeigt sich aber ein richtiges Textverständnis.
Der Monolog ist eine Folge von Feststellungen in einer unverknüpften Reihung von Sätzen (z.B. Der reiche Mann will den Ehrlichen um seinen Finderlohn bringen und sagt nicht die Wahrheit. Ich werde ihm eine Lehre erteilen.). Die Schülerinnen und Schüler greifen bis in die Formulierungen hinein auf, was der Text nahe legt und wiederholen oft in der Ich-Perspektive die Hinweise des Textes wörtlich (ehrlicher Mann, gutes Gewissen).

Niveaustufe B

Die Dilemma-Situation, in der sich der Richter befindet, wird erfasst und erscheint implizit als Folie, vor deren Hintergrund Reflexionen angestellt werden: Die dargelegten Argumente spiegeln weniger die Auseinandersetzungen des Richters mit dem Problem gerecht zu urteilen, als die Frage nach Täter und Opfer. Es werden Beweise für die Schuld des einen und die Unschuld des anderen angeführt. Das Profil des Richters wird ansatzweise in seinen Überlegungen deutlich, der Richterspruch selbst wird in der Regel nicht argumentativ vorbereitet. Grammatisch wird die direkte Personenrede durchgehalten. Die Überlegungen zu Schuld und Unschuld der Personen können durchaus eine lebendige Richterpersönlichkeit zeichnen. Meist jedoch ist die Individualität der Person nur ansatzweise fassbar.
Die logische Verknüpfung geschieht weniger durch die Verwendung sprachlicher Mittel. Stellenweise finden logische Überlegungen ihren Ausdruck in hypotaktischen Verknüpfungen, meist überwiegt die unverknüpfte Reihung von Sätzen.

Niveaustufe C

Im inneren Monolog wird explizit die Dilemma-Situation, in der sich der Richter befindet, zum Ausdruck gebracht. Im Zusammenhang der Argumentation reflektieren die Schülerinnen und Schüler detailliert die Vorgeschichte: Es werden Vermutungen über die Motivation der Tat angestellt, Beweise gesucht und Folgerungen vorgelegt. Begründungen, wie der Richter die beiden beurteilt, spiegeln die Auseinandersetzung mit dem Problem.
Über die Skizzierung einer möglichen Lösung wird der Richterspruch gedanklich vorbereitet. Der Text lässt einen Richter erkennen, der um das gerechte Urteil ringt. Eine gewisse Emotionalität oder eine ausgeprägte rationale Beweisführung können sichtbar werden und verleihen der Person des Richters entsprechende Konturen. Die Darstellung gewinnt durch Ausrufe, Konditionalsätze und rhetorische Fragen an Lebendigkeit.
Grammatisch wird die direkte Personenrede durchgehalten.
Sprachliche Mittel wie Adverbien und Konjunktionen (doch, so, wenn, falls, infolgedessen, dafür, deshalb) tragen dazu bei, dass die Gedankenfolge stringent ist.