Intelligenz: kein Mythos, sondern Realität

Elsbeth Stern und Aljoscha Neubauer, 2016. Psych. Rundschau 67 (1), 1-13   Quelle im Internet

Zusammenfassung. Das Konzept der psychometrischen Intelligenz ist in der Öffentlichkeit sowie auch in Teilen der wissenschaftlichen Psychologie umstritten. Warum Intelligenz so große Abwehrreaktionen auslöst und wie die Begründungen für diese zum Stand der Intelli­genzforschung stehen, wird in diesem Artikel behandelt. Dabei behandeln wir drei weit verbreitete Vorurteile: 1) Das Definitionsproblem: Es gibt viele Intelligenzen, und Psychologen können sich sowieso nicht auf eine einheitliche Definition einigen; 2) Die Abseitigkeitsannahme: Die Leistung in Intelligenztests hat nichts mit Kompetenzen im wahren Leben zu tun; 3) Die Ursachenverwirrung: Wenn Intelligenz ein in den Genen verankertes Merkmal ist, bleiben Umwelteinflüsse unwirksam. Auf Basis der aktuellen Intelligenzforschung entkräften wir alle drei Einwände: 1) Intelligenz wird heute vom Großteil der Intelligenzforscher präzise und einheitlich definiert; das Fehlen einer einheitlichen Definition ist kein aktuelles Problem der Intelligenzforschung mehr. 2) Eine Reihe von jüngeren Meta-Analysen hat überzeugend die hohen und stabilen Validitäten von Intelligenztests demonstriert: Intelligenz ist einer der besten Prädiktoren von Lern- und Berufserfolg. 3) Die moderne Verhaltensgenetik hat verdeutlicht, dass Intelligenz in den Genen verankert ist, diese aber nur in einer geistig anregenden Umwelt ihr Potenzial entfalten können. Mit diesem Artikel möchten wir Psychologen Argumente an die Hand geben, mit denen sie eine skeptische Öffentlichkeit von der Wichtigkeit der psychometrischen Intelligenzforschung überzeugen können.

Abstract. The concept of psychometric intelligence is heavily debated in the scientific community of psychologists as well as in the general public. In this article we address the question of why intelligence meets with such disapproval, and to what extent the arguments of the opponents of intelligence are justified from a scientific point of view. We deal with three widespread prejudices. (1) The problem of definition: There are many different kinds of intelligence and psychologists are unable to agree on a unified definition. (2) The assumption of irrelevance: Intelligence tests scores are not at all related to competencies necessary for mastering real life problems. (3) The confusion of causes: If differences in intelligence are caused by differences in genes, the environment has no impact. By considering the state of the art in intelligence research, we object to the three arguments as follows: (1) Psychologists have agreed on a widely accepted precise definition of intelligence, therefore the problem has been resolved. (2) A considerable number of meta-analyses have convincingly demonstrated the high validity of intelligence tests: Intelligence is one of the best predictors of educational and occupational success. (3) According to modern behavioral genetics, intelligence is rooted in genes, which, however, can only unfold their potential in a cognitively stimulating environment. The goal of our paper is to equip psychologists with arguments that should convince a skeptical public of the importance of psychometric intelligence.

Seitdem sich vor mehr als hundert Jahren die Psycholo­gie als eigenständige Wissenschaft etabliert hat, gehört menschliche Intelligenz zu den zentralen Forschungsfel­dern. Das öffentliche Interesse an diesem Gebiet war von Anfang an sehr groß, und in den letzten Jahren macht die Rede von der Intelligenz als dem wichtigstem Rohstoff einer postindustriellen Gesellschaft die Runde. Viel kriti­scher wird hingegen die Messung der Intelligenz gese­hen, also die Erfassung interindividueller Unterschiede mit Hilfe von Intelligenztests. Kaum ein anderes Gebiet der Psychologie spaltet die Gemüter so stark wie die psy­chometrische Intelligenzforschung und dies nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch innerhalb der Wissen­schaftsgemeinde unseres Fachs. Sogar manche hoch an­gesehene Kognitionsforscher stehen Intelligenztests sehr kritisch bis ablehnend gegenüber, wie weiter hinten noch ausgeführt wird, und damit sind sie nicht allein. Bücher, in denen die Bedeutung der kognitiven Intelligenz relati­viert wird, in denen Alternativen wie die soziale oder die emotionale Intelligenz angeboten werden, finden großen Absatz. Dazu gehören auch die Werke von Howard Gard-ner zu seinem Konzept der Multiplen Intelligenz (Gard-ner, 1983), das unter Lehrerinnen und Lehrern grossen Zuspruch erntet (dazu: Rost, 2008). Die Dominanz ko­gnitiver Kompetenzen bereitet ganz offensichtlich vielen Menschen ein so großes Unbehagen, dass beispielsweise Studien, welche die Bedeutung motivationaler Einflüsse auf die Schulleistung betonen, sehr schnell ihren Weg in die Presse finden. So fasst Holger Dambeck (2013) von Spiegel online beispielsweise die in Child-Development veröffentlichte Studie von Murayama, Pekrun, Lichten­feld und vom Hofe (2013) mit dem Titel „Predicting Long-Term Growth in Students’ Mathematics Achieve-ment: The Unique Contributions of Motivation and Cogni-tive Strategies.“ wie folgt zusammen: „Was ist das Ge­heimnis guter Mathe-Noten? Begabung und Fleiß? Eine Langzeitstudie mit 3500 bayerischen Schülern zeigt nun: Intelligenz spielt nur in jungen Jahren eine Rolle. Letztlich zählt allein die Motivation.“ Aus dem Befund, wonach in Standardgebieten der Sekundarschulmathematik ein We­niger an Intelligenz durch ein Mehr an Fleiss ausgeglichen werden kann, wird dann schon einmal: „Jeder kann Spit­zenleistungen in Mathematik erbringen, wenn er sich an­strengt.“ Bruch- und Prozentrechnung zu verstehen heisst jedoch noch nicht, Anwärter für die Fields-Medaille zu sein.

Ähnliche Schlussfolgerungen werden aus den Arbeiten Duckworth und Seligman (2005) gezogen, letzterer ist be­kanntlich Proponent der Positiven Psychologie. Die Auto­ren präsentieren Studien aus Schulen in Philadelphia, die vorwiegend von Kindern der Mittelklasse besucht werden (was mit einer eingeschränkten Varianz in der Intelligenz einhergeht), wonach die Leistung in Mathematik vor al­lem von Selbst-Disziplin abhängt. In „Die Welt“ vom 04.10.2013 trug eine Kolumne von Jochen Mai den Titel „Disziplin ist wichtiger als IQ. Die preußische Kerntugend bringt den Erfolg“.

Warum wird jede Nachricht, die die Bedeutung der Intelligenz in Frage stellt – ob berechtigt oder nicht – so freudig aufgenommen? Warum reagieren viele Menschen so hämisch auf Intelligenztests wie beispielsweise der Schriftsteller Hans-Magnus Enzensberger in einem 2007 bei Suhrkamp erschienenen Büchlein mit dem Titel „Im Irrgarten der Intelligenz – ein Idiotenführer“, in dem sehr polemisch – aber wie bei dem Autor nicht anders zu er­warten keinesfalls geistlos – alle gängigen Vorurteile zur Intelligenz abgehandelt werden. Wir werden immer wie­der Zitate aus dem Buch präsentieren, weil sie gängige Vorbehalte widerspiegeln. Warum gerade Intelligenz und die Tests, mit der sie gemessen wird, als Bedrohung ge­sehen werden, begründet Enzensberger gleich zu Beginn seines Werkes mit deren Bedeutung für den Erfolg in der heutigen Gesellschaft:
„Wahrscheinlich entwickelt jede menschliche Gesell­schaft ihren eigenen Tugendkatalog, in dem sie diejeni­gen Eigenschaften anführt, die sie für erstrebenswert hält, auch wenn sie nicht jeder erlangen kann. Der Kurswert dieser Tugenden schwankt. Zum Kummer derer, die das beklagen, hat die Moderne von antiken und mittelalter­lichen Vortrefflichkeiten wie der Treue, der Tapferkeit, der Weisheit, der Demut und der Ritterlichkeit nie viel gehalten. Ihr gelten eher Flexibilität, Teamfähigkeit und Durchsetzungsvermögen als Kardinaltugenden. Vor allem aber muss, wer als Zeitgenosse gelten will, unbedingt in­telligent sein.“ (Enzensberger, 2007, S. 8).

Wenn Intelligenz diesen Stellenwert einnimmt, wird jedes Ereignis, das einem Mangel an Intelligenz geschul­det sein könnte, zur Bedrohung des personalen Selbst – wie Sozialpsychologen es ausdrücken würden. Dass Psy­chologen für sich in Anspruch nehmen, die Intelligenz zu messen – ein Begriff, der vor allem physikalischen Grössen in Verbindung gebracht wird, macht die Sache nicht weniger bedrohlich. Abwehrreaktionen scheinen die natürliche Konsequenz, von denen nicht nur Enzensber-gers Büchlein reiches Zeugnis ablegt.

Die Autoren dieses Artikels – eine pädagogische Psy­chologin und ein differentieller Psychologe – bemühen sich seit vielen Jahren um eine angemessene Vermittlung des Intelligenzkonzeptes in der Öffentlichkeit. Mit zwei Büchern (Neubauer & Stern, 2007; Stern & Neubauer, 2013) sowie einer grossen Zahl von Zeitungsartikeln, In­terviews und Vorträgen versuchen sie, Entscheidungsträ­ger in Bildungs- und Arbeitskontexten vom Nutzen der Intelligenzmessung zu überzeugen, ohne die damit ein­hergehenden Probleme zu verschleiern. Die Bedenken, auf die die beiden Autoren in diesem Zusammenhang stoßen, sind Thema dieses Artikels. Während manche Vorbehalte als Fehlvorstellungen jenseits der psychologi­schen Lehrmeinung abgetan werden können, erwecken andere den Anschein von immer noch aktuellen wissen­schaftlichen Kontroversen innerhalb unserer Disziplin. Da einer der Autoren (ES) nicht an einem Psychologie-Institut lehrt, sondern Gymnasiallehrer an einer führen­den technischen Hochschule ausbildet, kennt sie die Ein­wände hochkarätiger Naturwissenschaftler gegen Intel­ligenzmessung aus ihrer täglichen Arbeit. Ursachen für solche Missverständnisse werden diskutiert. Auch wird erörtert, an welchen Punkten die Psychologie ihre Befun­de und Theorien besser kommunizieren könnte und soll­te. Wir werden uns mit den folgenden drei weit verbrei­teten Fehlannahmen über Intelligenz und ihre Messung auseinandersetzen:
+   Das Definitionsproblem: Es gibt viele Intelligenzen, und Psychologen können sich sowieso nicht auf eine einheitliche Definition
einigen.
+   Die Abseitigkeitsannahme: Die Leistung in Intelli­genztests hat nichts mit Kompetenzen im wahren Le­ben zu tun.
+   Die Ursachenverwirrung: Wenn Intelligenz ein in den Genen verankertes Merkmal ist, bleiben Umweltein­flüsse unwirksam.

  1. Das Definitionsproblem: Es gibt viele Intelligenzen, und Psychologen können sich sowieso nicht auf eine einheitliche Definition einigen

Der Experimentalpsychologe Edwin G. Boring (1886– 1968) wurde durch den 1923 – also vor fast 100 Jahren – geäußerten Satz „Intelligenz ist was Intelligenztests mes­sen“ weit über die Psychologie hinaus unsterblich. Für Kritiker wie Enzensberger ist der Satz nichts weiter als ein „Zirkelschluss, der jeden Verfechter solcher Testverfah­ren verdrießen (muss)“ (S.30). Gern wird das Zitat auch sonst herangezogen, um den vollständigen Mangel an Theorie in der Intelligenzforschung zu dokumentieren. Nicht aus dem Zusammenhang gerissen klingt Borings Satz allerdings eher als eine Beschreibung der seinerzei­tigen Forschungslage: Psychologen war es gelungen, aus­sagekräftige Tests zur geistigen Leistungsfähigkeit zu entwickeln und im nächsten Schritt – so seine Forderung – sollte es darum gehen, deren genauen Mechanismen zu erforschen: “Intelligence is what the tests test. This is a narrow definition, but it is the only point of departure for a rigorous discussion of the tests. It would be better if the psychologists could have used some other and more technical term, since the ordinary connotation of intellig-ence is much broader. The damage is done, however, and no harm need result if we but remember that measurable intelligence is simply what the tests of intelligence test, until further scientific observation allows us to extend the definition.” (S. 37).

Wie sieht es nach nahezu 100 weiteren Jahren Intelli­genzforschung aus, die zudem in einem Kontext eines sich verändernden Wissenschaftsverständnisses statt­fand? In den 1920ger Jahren – also zu Zeiten des be­rühmten Boring Zitates – erlebten die exakten Wissen­schaften ihren Höhepunkt. In Mathematik, Physik, Che­mie und auch in Teilen der Biologie dominierten Begriffe, welche auf den sehr strengen klassischen Definitionsre­geln basierten. Danach erfüllt ein Begriff nur den An­spruch auf Wissenschaftlichkeit, wenn strenge Kriterien wie „genus proximum et differentia specificum“ gegeben sind: Der Bezug zur nächst höheren Begriffsinstanz und das abgrenzende Merkmal müssen genannt werden (z. B. Ein Schimmel ist ein weisses Pferd). Hinzu kommt, dass für das Zutreffen des zu definierenden Begriffs notwen­dige und hinreichende Voraussetzungen bezüglich der Extension (alle unter den Begriff fallenden Gegenstände oder Ereignisse) und der Intension (alle Merkmale, die den Begriff ausmachen) erfüllt sein müssen. Gibt es einen Gegenstand oder ein Ereignis, das zur Begriffsmenge ge­hört (Extension), auf das aber ein Merkmal, welches zum Begriffsinhalt gehört (Intension) nicht zutrifft, ist die De­finition nicht im strengen Sinne wissenschaftlich.

Das trifft sicher auf die von Gottfredson (1997) ange­botene, vielzitierte Definition von Intelligenz zu: “Intelli-gence is a very general mental capability that, among other things, involves the ability to reason, plan, solve problems, think abstractly, comprehend complex ideas, learn quickly and learn from experience. It is not merely book learning, a narrow academic skill, or test-taking smarts. Rather, it re-flects a broader and deeper capability for comprehending our surroundings – catching on,’ making sense’ of things, or figuring out’ what to do.” (S. 13). Aber auch wenn diese Definition nicht eineindeutig ist und damit nicht den Kri­terien der exakten Wissenschaften genügt, ist sie keines­falls zirkulär. Sie liefert vielmehr eine umfassende Be­schreibung von geistigen Anforderungen, die Menschen mehr oder weniger erfolgreich im realen Leben bewältigen können und die sich gleichzeitig in Intelligenzaufgaben abbilden lassen. Deshalb haben führende Intelligenzfor­scher in einem 2012 verfassten Artikel zum Stand der For­schung sich auf diese Definition geeinigt (Nisbett et al., 2012). Es bleiben aber natürlich Probleme: Lerngeschichte und Intelligenz können im Einzelfall nicht getrennt wer­den. Hat eine Person eine geistige Anforderung bewältigt, weil sie auf Lernerfahrung zurückgreifen konnte, oder weil sie dank ihrer hohen Intelligenz mit neuen Anforderun­gen umgehen konnte? Beides ist möglich und kann weder aus der Definition der Intelligenz noch aus der Beobach­tung einzelner Ereignisse abgeleitet werden. Dennoch brauchen wir den Begriff der Intelligenz, weil wir ansons­ten nicht erklären könnten, warum sich Menschen mit vergleichbarem Erfahrungs- und Lernhintergrund in der Bewältigung geistiger Anforderungen unterscheiden.

Seit Boring vor fast 100 Jahren den häufig aus dem Zusammenhang gerissenen Satz geschrieben hat, hat sich die Intelligenzforschung durchaus in seinem Sinne wie-ter entwickelt. Dank der auf Korrelationstechniken ba­sierenden statistischen Analysen entstanden belastbare Strukturmodelle der Intelligenz, welche einerseits eine Klassifikation an individuell verfügbaren geistigen Res­sourcen abbilden und andererseits eine valide Grund­lage zur Beschreibung individueller Unterschiede bieten. Mit dem Standardwerk „Human Cognitive Abilities“ von John Carroll (1993) gelang eine umfassende Zusammen­fassung der Resultate zur psychometrischen Intelligenz und eine Integration unterschiedlicher Theorien, wie z. B. Spearman’s Generalfaktormodell und Thurstone’s Theo­rie der Primary Mental Abilities. Eine Integration von Carroll’s Werk mit der Cattell-Hornschen Taxonomie wurde schließlich von McGrew (2009) vorgestellt und wird heute von den meisten Psychologen in Form des so genannten Cattell-Horn-Carroll (CHC) Modells als State-of-the-Art Strukturkonzept der Intelligenz gesehen.

Edward Boring hätte vermutlich zugestimmt, dass es der Psychologie in durchaus respektabler Weise gelungen ist, geistige Fähigkeiten zu identifizieren und zu struk­turieren. Dass es den Psychologen sehr früh gelungen war, aussagekräftige Tests zu entwickeln, zeigte sich in den letzten Jahrzehnten: Zwischen der Leistung in diesen Tests und Indikatoren kognitiver und kortikaler Informa­tionsverarbeitung gibt es substanzielle Zusammenhänge. Tests, welche die Arbeitsgedächtnisfunktionen erfassen, korrelieren signifikant mit dem IQ (Colom, Abad, Quiro-ga, Shih und Flores-Mendoza, 2008). Ebenso lassen sich aus EEG-und (f)MRI-Studien systematische Zusammen­hänge psychometrischer Intelligenz mit funktionellen (neurale Effizienzhypothese; Überblick bei Neubauer & Fink, 2009) und strukturellen Merkmalen des Gehirns (die Parieto-Frontale Integrationstheorie P-FIT; Jung & Haier, 2007) nachweisen (für einen Gesamt-Überblick siehe auch Deary, Penke & Johnson, 2010).

Es ist also an der Zeit, die in der Tat (und mit Absicht) zirkuläre Definition von Boring vor ihrem wissenschafts­geschichtlichen Hintergrund zu sehen und nicht als ein zeitgemässes Verständnis von Intelligenz. Der Vorwurf, wonach Psychologen selbst nicht wissen, was Intelligenz ist, trägt nicht länger. Dass auch zeitgemäße Definitionen von Intelligenz nicht den strengen Kriterien der exak­ten Wissenschaften entsprechen, disqualifiziert das For­schungsfeld keineswegs. Seit den 1920ger Jahren hat sich das Wissenschaftsfeld radikal geändert und ausgeweitet. Mit dem Wandel von einer Industriegesellschaft in eine Wissens- und Informationsgesellschaft ist eine stärkere Wissenschaftsorientierung in allen Lebensbereichen ver­bunden. Fragen und Probleme, über die man früher nur spekulieren konnte, werden inzwischen in vielen neu ent­standenen Disziplinen empirisch angegangen. Nicht nur Sozial- und Humanwissenschaften, auch Natur- und In­genieurwissenschaften müssen sich zunehmend komple­xeren Fragen aus der realen Welt zuwenden, wie z.B. Umweltproblemen, der Entstehung und Verbreitung von Krankheiten oder der Vorhersage und Erklärung von Kli­ma- und Wetteränderungen. In systemorientierten Na­turwissenschaften werden Begriffe wie Biodiversität, Bo­denschätze oder Regeneration genutzt, die sich ebenso gut erklären und abgrenzen lassen, wie der Begriff der Intelligenz, die aber nicht den weiter vorn erörterten strengen Kriterien der exakten Naturwissenschaften ent­sprechen.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung in der Wis­senschaftslandschaft muss sich die Intelligenzforschung nicht vor anderen Disziplinen verstecken – und schon gar nicht innerhalb der Psychologie. Die mehr als hun­dertjährige Geschichte der Psychologie als wissenschaft­liche Disziplin war wohl eher durch Sprunghaftigkeit als durch Kontinuität gekennzeichnet, wenn es um die Ver­folgung von Fragestellungen und die Verfeinerung von Konzepten ging. Intelligenz ist hier eine Ausnahme: Uni­verselle Grundlagen und interindividuelle Unterschiede in der geistigen Flexibilität und der Lernfähigkeit wa­ren von Anfang an Themen der wissenschaftlichen Psy­chologie. Mit den ersten Intelligenztests wurde eine For­schungstradition von praktischer Relevanz und theoreti­scher Tiefe begründet. Die Intelligenzforschung hat die Entwicklung statistischer Methoden angeregt und die ko­gnitive Lernpsychologie geprägt. Die von Boring ange­mahnte Mission, die kognitiven Ressourcen der Intelli-genztestleistung näher zu erforschen, kann zwar nicht als erfüllt, aber doch auf sehr gutem Wege gesehen werden. Der Satz „Intelligenz ist, was Intelligenztests messen“, ist längst Geschichte. Wenn er heute noch angeführt wird, geht es fast immer darum, eine sehr erfolgreiche For­schungstradition zu diskreditieren. Psychologen sollten dem mit größerem Selbstbewusstsein entgegentreten.

Leider geschieht häufig das Gegenteil: Statt sich auf die kognitiven Grundlagen von intelligentem Verhalten und dessen interindividueller Variation zu konzentrieren, wird der Intelligenzbegriff bis zur Unkenntlichkeit diversifiziert. Enzensberger hat ein leichtes Spiel, wenn er schreibt:
„Unser moderner Begriffscontainer hat somit den Vor­teil, dass der überaus geräumig ist und eine grosse Arten­vielfalt beherbergt. Sollte jemand immer noch ernsthaft glauben, Intelligenz sei gleich Intelligenz, so irrt sich der. Die Experten haben keine Mühe gescheut, um in das Durcheinander, das in unseren Köpfen herrscht, ein we­nig Ordnung zu bringen. Sie unterscheiden penibel, wie es ihre Art ist, zwischen biologischer und psychometrischer, motorischer und rationaler, analytischer und kreativer, sprachlicher und visueller, räumlicher und logisch-ma­thematischer, kinästhetischer und musikalischer, prag­matischer und mechanischer, interpersonaler und intra-personaler, kristalliner und flüssiger, funktionaler und manipulativer Intelligenz und das sind keineswegs alle Sorten, die es unter eine Haube zu bringen gilt. Den Vogel hat bei dieser Übung ein amerikanischer Psychologe – besser gesagt: Psychometer – namens P. Guilford abge­schossen, der es in seinem Werk ‚The Nature of Human Intelligence‘ auf sage und schreibe einhundertundzwan­zig Spielarten gebracht hat. Doch auch seine Liste ist kei­neswegs vollständig. Es werden nämlich fortwährend neue Arten entdeckt. Als besonders wertvoll haben sich in den letzten Jahrzehnten die soziale und die emotionale Intelligenz erwiesen, während die Führungs- und die Er­folgsintelligenz bisher wenig akademisches Ansehen ge­niessen und eher in den Management-Ratgebern florie­ren.“ (S. 10)

Wie in allen Wissenschaften üblich, wurden auch in der Intelligenzforschung Modelle und Theorien entwickelt, die anfangs vielversprechend klangen, aber im Nachhinein als eher fruchtlos betrachtet werden müssen. Dazu gehört das viel zitierte “Structure of Intellect (SOI)”-Mo-dell von Guilford (1967). Guilford hat allerdings mit dem Faktor des ‚divergenten Denkens‘ einen der wichtigsten Beiträge zur Kreativitätsforschung gelegt. Carroll (1993) kommt in seinem Standardwerk zu folgendem Schluss: “Guilford’s SOI model must, therefore, be marked down as a somewhat eccentric aberration in the history of in-telligence models; that so much attention has been paid to it is disturbing, to the extent that textbooks and other treatments of it have given the impression that the model is valid and widely accepted, when clearly it is not.” (S. 60).

Ungeachtet dessen kommt das Modell noch immer in Lehrbüchern für die Psychologie und solchen für die breitere Öffentlichkeit vor. Auch die beiden Autoren die­ses Artikels müssen sich diesen Vorwurf gefallen lassen. In ihrem 2007 erschienen Buch „Lernen macht intelli­gent“ wurde der berühmte Würfel noch abgebildet und eher versteckt mit dem Hinweis versehen, dass sich das Modell nicht bewährt habe. In Anbetracht der öffentli­chen Rezeption des Konstrukts der Intelligenz wäre es aus heutiger Sicht besser gewesen, es gar nicht zu erwäh­nen. Für ein zeitgemässes Verständnis etablierter wissen­schaftlicher Konzepte ist es weder sinnvoll noch nötig auf alle Irrwege einzugehen. Geschieht dies doch, besteht immer auch die Gefahr einer Relativierung etablierter Einsichten.

Während man Guilford noch redliches Bemühen um die Klärung des Intelligenzbegriffes unterstellen kann, lässt sich dies von späteren Vertretern von „Multiplen In­telligenztheorien“ nicht sagen. An dieser Stelle soll we­der Gardners Theorie der Multiplen Intelligenzen noch Golemans Emotionale Intelligenz vertieft werden. Kritik wurde – wie eingangs bereits dargestellt – ausgiebig geübt (Stern & Grabner, 2013). Als moralisch zweifelhaft kann man den Begründern dieser Theorien zumindest ankrei­den, dass sie den Eindruck erwecken möchten, Perso­nenmerkmale wie emotionale oder soziale Kompetenten, die sehr viel populärer sind als die kognitive Intelligenz, auf gleichem psychometrischem Niveau erfassen zu kön­nen. Wissenschaftlich arbeitende Psychologen wissen, dass dies nicht der Fall ist. Auch wenn die Reliabilität von Intelligenztests niemals den Höchstwert erreichen wird und deshalb das Konfidenzintervall und nicht der Punkt­wert interpretiert werden darf, so lässt sich Intelligenz doch genauer erfassen als jede andere psychologische Ei­genschaft.

Fassen wir es wie folgt zusammen: Das hier erörterte Definitionsproblem ist kein genuin wissenschaftliches Pro­blem der Psychologie, sondern teils ein Problem der Selbstdarstellung, teils der unzureichenden Kenntnis(nah-me) des modernen Stands der empirisch-psychologischen Intelligenzforschung. Diese hat in den vergangenen 20–30 Jahren beeindruckend dargelegt, wie einerseits Intelligenz hinsichtlich ihrer elementar-kognitiven und neurobiologi-schen Grundlagen erklärt werden kann (vgl. Stern & Neu­bauer, 2013) und andererseits, welche erstaunlich hohen Validitäten Intelligenztests liefern, die auch nicht alternativ (z. B. durch Unterschiede im sozio-ökonomischen Status) erklärt werden können (siehe Abschnitt 2). Intelligenzun­terschiede lassen sich tatsächlich nachweisen, auf nicht­zirkuläre Weise beschreiben und Dank der Beiträge von Populationsgenetik und Neurowissenschaft auch immer besser erklären. Der Ursprung und die Quelle dieses Er­folgs waren reliable und valide Intelligenztests. Warum diese in der Öffentlichkeit oft so gnadenloser Kritik ausge­setzt sind, soll der nächste Abschnitt klären.

  1. Die Abseitigkeitsannahme:Die Leistung in Intelligenztests hat nichts mit Kompetenzen im wahren Leben zu tun

Lassen wir wieder Hans-Magnus Enzensberger über län­gere Strecken zu Wort kommen, der sich vor allem Eysencks Bücher zur Intelligenz zu Gemüte geführt hat. Was er dabei über Intelligenztests erfahren hat, fasst er wie folgt zusammen:
„Bei einem ersten Blick auf die acht Tests fallen vor allem die Illustrationen ins Auge. Neben einer Menge von geometrischen Figuren, allerhand Kreisen, Pfeilen, Drei-und Vierecken, Sternchen und Spiralen, wimmelt das Buch von Strichmännchen aller Art. Menschen kommen, gleichgültig in welchem Zusammenhang, nur in dieser Form vor. Sie wirken so, als hatte eine Kindergärtnerin versucht, einen infantilen Fünfjährigen nachzuahmen – ein vergebliches Bemühen, da selbst ein behindertes Kind weit mehr Phantasie und Unterscheidungsvermögen auf­bringt als der anonyme Graphiker, der sich dabei wohl an die Anweisungen des Autors halten musste – falls es nicht der Professor selber war, der diese Bilder entworfen hat. … Sonderbar wirkt überdies der anachronistische Zug der Bildchen; sie zeigen nämlich Modelle, die nur noch in Museen anzutreffen sind- womöglich eine Reminiszenz an die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, als der junge Forscher noch mit seinem Blechauto spielte. Alltagsge-genstande wie Löffel, Schuhe oder Zahnbürsten fehlen völlig.
Die Tests setzen ein gerüttelt Maß an typischen Schul­kenntnissen voraus. Wer nicht weiß, was eine Primzahl ist, und wer ein Palimpsest nicht von einem Palindrom unterscheiden kann, hat keine Chance. Um nicht durch­zufallen, sollte der Proband die Namen sämtlicher Plane­ten kennen und firm im Aufzählen von Hauptstädten sein. Auch Automarken gehören zum Minimum an Bildung, das zum Bestehen der Prüfung erforderlich ist, ebenso wie eine lange Liste von berühmten Dichtern, Komponis­ten, Malern, Filmstars und Generälen. Was das alles mit Intelligenz zu tun hat, gehört wohl zu jenen Geheimnissen des Verfassers, die sein Werk nicht preisgibt.
Ansonsten werden durchgehend Leistungen abgefragt, wie sie in den Rätselecken vieler Wochenzeitungen trai­niert werden. In diesen beliebten Rubriken geht es aller­dings nicht um den IQ, sondern um ein harmloses Ver­gnügen, das als Denksport oder Knobelei firmiert.
Gemeinsam ist allen Rätselfragen, die der Test stellt, dass sie in der Regel nur eine einzige richtige Antwort zulassen. Das ist im Grunde ziemlich seltsam; denn in der wirklichen Welt sind solche Situationen die Ausnahme. Ganz gleich, um was es bei unseren Entscheidungen geht – um eine Bewerbung, einen Wahlkampf, eine Scheidung, einen Mietvertrag –, stets haben wir es mit zahlreichen Variablen zu tun, die noch dazu wechselseitig voneinan­der abhängen. Sie sind mit einem Wort komplex.“ (S. 21).

Mindestens drei häufig geäußerte Einwände kommen hier zum Ausdruck:
+   Viele Intelligenztestaufgaben basieren auf artifiziel­lem Material und stellen weltfremde Anforderun­gen.
+   Andererseits gibt es Intelligenztestaufgaben, wel­che Wissen voraussetzen, das den Besuch institu­tioneller Lerngelegenheiten
voraussetzt. Was hat das mit Effizienz der Informationsverarbeitung zu tun, fragt man sich.
+   Eingeschränkter Geltungsbereich: Komplexes Pro-blemlösen und das Fällen möglichst rationaler Ent­scheidungen erfordert
andere Fähigkeiten als die in Intelligenztests erfassten Leistungen.
In allen drei Einwänden kommen Zweifel an der Vali­dität von Intelligenztests zum Ausdruck. Hier hat die Psychologie einiges entgegenzusetzen.

Die ersten Intelligenztests entstanden aus pragmati­schen Gründen. Die Umsetzung der allgemeinen Schul­pflicht warf neue Fragen und Probleme auf: Nicht alle Kindern nutzen die ihnen angebotenen schulischen Lern­gelegenheiten in gleichem Maße. Kinder, denen das nur sehr schlecht gelang, erregten zunächst die Aufmerksam­keit von Alfred Binet: Er entwickelte einen Test, mit des­sen Hilfe Kinder mit Förderbedarf identifiziert werden sollten. Nicht viel später wandte man sich dem oberen Ende der Verteilung zu: In Grossbritannien wurden un­ter der Leitung von Cyril Burt Tests zum schlussfolgern­den Denken entwickelt, auf deren Basis der Zugang zur so genannten Grammar School (die den Gymnasien ent­sprachen) geregelt wurde. Mit der Abschaffung des mehrgliedrigen Schulsystems in Grossbritannien in den 1970er Jahren entfiel der Testzweck. In der Zwischenzeit entwickelte sich Kritik an der Intelligenzmessung, die in Folge der 1968er Jahre einen Höhepunkt erreicht, wie generell in den 70er Jahren persönlichkeitspsychologi­sche Ansätze eher diskreditiert wurden. Erst die 1980er und Folgejahrzehnte führten zu einer Renaissance der Persönlichkeits- und damit auch der Intelligenzforschung; in die späten 1970er Jahre fällt auch die Gründung des weltweit wichtigsten einschlägigen Forschungs-Journals ‚Intelligence‘.

Im Rahmen dieser Renaissance wurde das individuelle Merkmal Intelligenz in hunderten Studien näher erkun­det. Dazu gehörten zum einen Versuche, die Grundlagen und Ursachen der Intelligenzunterschiede zu ergründen, zum anderen die ‚real world‘-Implikationen zu analysie­ren (für einen aktuellen Überblick siehe Stern & Neubau­er, 2013). Was den letzteren Aspekt betrifft, hat sich durch die Veröffentlichung einer Reihe von Meta-Analysen in den vergangenen 15 Jahren die Befundlage zu einem äu­ßerst homogenen Bild verdichtet: Es kann nun auf Basis hunderter Studien an Stichproben, die in sechsstellige Bereiche gehen, eindeutig geschlossen werden, dass In­telligenz von großer Bedeutung ist für Erfolge in Schule, Ausbildung und Beruf und damit ein sehr valider Maßstab für die Leistungsfähigkeit des Einzelnen (u.a. Süss, 2001; Kuncel, Hezlett, & Ones, 2004; Kuncel & Hezlett, 2007; Kramer, J., 2009; Salgado & Anderson, 2003; Schmidt & Hunter, 2004). Intelligenz ist aber auch eine wichtige Voraussetzung für ein gesundes und glückliches Leben (Deary, 2009; Gottfredson, 1997). Natürlich kommt es vor, dass weniger intelligente Schüler bessere Schulleis­tungen erbringen als intelligentere. Das zeigt aber vor al­lem, dass es der Schule nicht gelungen ist, die vorhande­nen Intelligenzressourcen zu nutzen. Intelligenz ist natür­lich nicht der einzige Erfolgsfaktor und auch kein Er­folgsgarant für jedes Individuum, aber von allen psycho­metrisch erfassbaren Eigenschaften ist sie statistisch ge­sehen eindeutig der bedeutendste (vgl. hierzu die bei Stern & Neubauer, 2013, Kap. 6 und 7 angeführte Evi­denz).

Es gibt einige andere Faktoren, die Einfluss auf den schulischen und beruflichen Erfolg haben, etwa Fleiß, Motivation, Ausdauer und Disziplin, das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit sowie Sozialkompetenz. Ihr Einfluss kommt aber erst in Stichproben zu Geltung, die bezüglich Intelligenz eher homogen sind, wie bereits ein­gangs erwähnt.

Betrachtet man beruflichen Erfolg als Kriterium, so zeigt die vielzitierte Meta-Analyse von Schmidt und Hun­ter (1998) eine mittlere Validität von 0,5 für Intelligenz­tests (die Autoren verwenden allerdings den in den USA gebräuchlicheren Begriff der General Mental Ability GMA). Hingegen korrelierten Interessenstests im Mittel nur zu r = 0,1 mit dem Berufserfolg. Und die Vorhersage des Berufserfolgs lässt sich – wenn man die Begabung bereits erfasst hat – durch die zusätzliche Erhebung von Interessen nicht bedeutsam verbessern. Lediglich drei zusätzliche diagnostische Informationsquellen können nach diesen Autoren inkrementell valide sein: 1. Integri­tät (Wie zuverlässig ist ein [zukünftiger] Mitarbeiter?); 2. strukturierte (!) Job-Interviews, in der eine standardi­sierte Folge von Fragen gestellt wird, nicht aber unstruk­turierte Interviews; 3. Arbeitsproben, die allerdings na­turgemäß nur Verwendung finden können, wenn es be­reits Vorwissen oder bereits erworbene Fertigkeiten gibt (z. B. Computerkenntnisse oder handwerkliche Fertigkei­ten).

Andere Metaanalysen haben zudem eine Reihe von immer wieder vorgebrachten Einwänden entkräften kön­nen. Dazu gehört, Intelligenz spiele vor allem bei Perso­nen mit geringer Berufserfahrung eine Rolle; je länger je­mand im Job sei, desto wichtiger sei die Berufserfahrung für den Erfolg, die Intelligenz hingegen werde zuneh­mend unwichtiger. Wie eine im Jahr 2004 veröffentlichte Meta-Re-Analyse bestehender Daten von den bereits o. a. Schmidt und Hunter jedoch zeigte, ist dies nicht zutref­fend – vielmehr gibt es einen gegenläufigen Trend: Wäh­rend bei Personen mit unter dreijähriger Berufserfahrung Intelligenztestergebnisse mit fremdeingeschätzter beruf­licher Leistung Performance Ratings) als Kriterium nur zu r = 0,35 korrelierten, stieg dieser Zusammenhang mit der Länge der Tätigkeit kontinuierlich an und zeigte schließlich für die Personengruppe mit zwölf oder mehr Jahren Berufserfahrung sogar einen Zusammenhang von fast r = 0,60! Im Gegensatz dazu nimmt der Zusammen­hang zwischen der Dauer der Berufstätigkeit und der be­ruflichen Leistung als Kriterium praktisch im gleichen Ausmaß ab: Von r = 0,49 bei bis zu drei Jahren Joberfah­rung auf nur mehr r = 0,15 bei zwölf und mehr Jahren. Entgegen der landläufigen Erwartung wird mit zunehmen­der Berufserfahrung die Intelligenz also wichtiger für be­rufliche Leistungen, während der Einfluss der beruflichen Erfahrung abnimmt (vgl. auch Hambrick & Meinz, 2011).

Wie schon bei der Vorhersage der Schulleistung hat man sich auch hier die Frage gestellt, ob nicht der sozio-ökonomische Status (SES) letztlich die vorhersagekräfti­gere Variable für den Berufserfolg sei. Der estnische For­scher Tarmo Strenze (2007) hat sich ihr in einer bemer­kenswerten Meta-Analyse gewidmet und gefunden, dass wiederum die Variable Intelligenz für die Vorhersage von drei Kriterien des Berufserfolgs (höchste Ausbildung, Be­rufsstatus, Einkommen) in der Mehrzahl der Fälle den höheren Zusammenhang liefert als der SES (lediglich bei der Vorhersage des Einkommens war für die letztere Va­riable ein kleiner Vorteil zu beobachten). Aus dieser Meta-Analyse ging allerdings auch hervor, dass Intelligenz zwar den erreichten Bildungsabschluss und den beruflichen Status sehr gut vorhersagen kann (mit substantiellen Korrelationen von r = 0,56 und r = 0,45), aber der Zu­sammenhang mit dem erzielten Einkommen war mit r = 0,23 deutlich niedriger. Dafür, wie viel jemand ver­dient, bzw. für den Wohlstand einer Person scheinen auch andere Faktoren ausschlaggebend zu sein. Welche das sind, wird in der genannten Studie allerdings nicht analy­siert.

Lange Zeit dachte man in der Begabungsforschung, der IQ spiele nur als Mindestanforderung eine Rolle; ab ei­nem bestimmten Schwellenwert (häufig wurde hier für komplexere Berufe der Wert 120 genannt) sei ein weiteres Mehr an Intelligenz nicht hilfreich. Das lässt sich nicht mehr aufrechterhalten. Studien von Kuncel und Hezlett (2010) an Tausenden von amerikanischen College-Stu­denten und an Zigtausenden berufstätigen Personen zei­gen, dass auch bei einem IQ von über 120 noch bedeut­same Zusammenhänge zwischen der Intelligenz und schulischen Leistungen einerseits und beruflichem Erfolg andererseits bestehen (dazu auch Kramer, 2009). Noch beeindruckender ist der Befund aus der Langzeitstudie von David Lubinski und Camilla Benbow von der Vand-erbilt University, in der gezeigt werden konnte, dass selbst unter den Höchstintelligenten (oberes 1% entsprechend einem IQ über 135) das untere Viertel etwas weniger er­folgreich war als das obere Viertel: Die Personen mit IQs von 135 hatten 20 Jahre später im Mittel weniger Publi­kationen veröffentlicht und weniger Patente angemeldet als diejenigen mit IQs von 145 und höher (z. B. Lubinski & Benbow, 2006). Auch bestimmte Profile in Intelligenz­tests, wie z. B. herausragende räumlich-visuelle Fähig­keiten sind sehr valide Indikatoren für mathematisch-na­turwissenschaftliche Höchstleistungen (Wai, Lubinski & Benbow, 2009; Holden, Newcombe & Shipley, 2013). Angesichts dieser Befunde sollten Psychologen klar kom­munizieren, dass Menschen mit eher niedriger Intelli­genz, die es aufgrund ihrer sozialen Herkunft hohe Posi­tionen geschafft haben, ihren Aufgaben nicht wirklich gerecht werden können.

Ein hartnäckiges Vorurteil ist, dass Menschen, die gut in Intelligenztests abschneiden, mehr soziale oder psy­chische Probleme haben als andere und zudem nicht sel­ten egoistisch und bösartig sind. Als Psychologen wissen wir, dass dies wissenschaftlich nicht haltbar ist. Sehr in­telligente Menschen finden – von wenigen Ausnahmen abgesehen – deutlich besser ihren Weg durchs Leben als andere. Diese bereits von Lewis Terman in seiner Hoch-begabtenstudie gewonnen Erkenntnis wurde später öf­ters bestätigt – wie beispielsweise von Rost (2009). Auch jenseits der Hochbegabung bringt ein Mehr an Intelligenz mit einiger Wahrscheinlichkeit ein Mehr an Ge­sundheit und Lebensqualität, wie die von Ian Deary ge­leitete schottische Längsschnittstudie zeigt (Deary et al., 2004; vgl. auch das Special Issue von ‚Intelligence‘ zur kognitiven Epidemiologie; Deary, 2009).

Kommen wir zurück zu den drei am Anfang dieses Ab­schnittes genannten populären Zweifeln an der Validität von Intelligenztests und ihren Aufgaben, weil diese ent­weder (a) artifiziell, (b) bildungsabhängig und (c) einge­schränkt in ihrem Geltungsbereich seien.

(a) Artifiziell ist das Material in nicht sprachlichen In­telligenztests zum schlussfolgernden Denken (z. B. Ra-ven‐Test) oder den Tests zur Messung räumlich-visueller Kompetenzen in der Tat. Obwohl Testaufgaben in Ma­thematik und in den Naturwissenschaften nicht das Ro­tieren von Zylindern oder die mentale Umwandlung von Flächen in dreidimensionale Gebilde verlangen, entspre­chen die Anforderungen in Intelligenztestaufgaben den Anforderungen in anspruchsvollen Inhaltsgebieten, aber auch nicht nur diesen. So wird das figurale Material, das in Matrizentests zum Einsatz kommt, ja nur als ‚Vehikel‘ verwendet, um eben die Fähigkeit zum schlussfolgernden Denken (Reasoning) zu erfassen; man muss in diesen Aufgaben die zeilen- und spaltenweisen Gesetzmäßigkei­ten deduktiv erschließen. Dass dabei eher simples figura-les Material verwendet wird, ist durchaus beabsichtigt, will man die ‚reasoning‘-Fähigkeit doch weitestgehend unabhängig von der Erfahrung im Umgang mit sprachli­chem und numerischem Material erfassen. Das Lösen derartiger, komplexer Probleme und das Verstehen ab­strakter Zusammenhänge erfordert zudem eine Reihe elementar-kognitiver Prozesse, die auch beim Problemlö-sen im Alltagsleben wichtig sind. Dazu gehören die Kon­zentration auf eine einzige Dimension und die damit ein­hergehende Hemmung der übrigen Information (Inhibiti-on) sowie die Fähigkeit, Ziele zu wechseln (Shifting bzw. Switching). Hinzu kommt das kurzzeitige Speichern von Zwischenlösungen und parallel dazu die Durchführung weiterer kognitiver Prozesse (Updating), also mentale Aktivitäten, die aktuell als Exekutivfunktionen beschrie­ben werden (Miyake, Friedman, Emerson, Witzki, Ho-werter und Wager, 2000). Noch ist allerdings nicht end­gültig geklärt, ob tatsächlich alle drei Exekutivfunktionen mit Intelligenz zusammenhängen (vgl. Friedman, Miyake, Corley, Young, DeFries und Hewitt, 2006). Die in ande­ren figuralen Tests verlangten Prozesse der räumlichen Vorstellung und des mentalen Rotierens sind zudem durchaus in gewissen akademischen naturwissenschaftli­chen und medizinischen Disziplinen (z. B. Maschinenbau und Koloskopie) relevant, aber nicht nur: Auch Kfz-Me­chaniker, Tischler und andere werden sich in ihrer Be­rufsausübung schwertun, wenn sie unterdurchschnittliche mentale Rotationsfähigkeit aufweisen.

(b) Was die Bildungsabhängigkeit von Intelligenzauf­gaben angeht, wie sie beispielsweise in den Untertests „Allgemeines Wissen“ und „Allgemeines Verständnis“ des Wechsler-Tests zum Ausdruck kommt, ist die Verblüffung Aussenstehender erst einmal nachvollziehbar. Hängt es nicht auch von Zufällen in früheren Lernangeboten und Bildungsentscheidungen ab, ob man beispielsweise den Unterschied zwischen Venen und Arterien kennt? In der Tat haben Menschen aus medizinischen Berufen hier einen Vorteil, und wenn ein grosser Teil der Fragen in diese Richtung ginge, könnte man nicht mehr von Intelli­genzmessung sprechen. Aufgaben und Fragen in kristalli­nen Intelligenztests sind jedoch so ausgewählt, dass sie eine breite Palette von Wissen abdecken, welches in all­gemein zugänglichen Lerngelegenheiten erworben wer­den kann. Ob diese Lerngelegenheiten beiläufig genutzt werden, hängt von der Intelligenz ab. Dass Skalen wie „Allgemeines Wissen“ und „Allgemeines Verständnis“ in den Wechsler Tests nur in einem fest definierten Kultur­kreis valide Indikatoren der Intelligenz sein können, müssen Psychologen natürlich in der Öffentlichkeit kom­munizieren.

Wie stark der Einfluss der Intelligenz auf den Erwerb von Wissen ist, zeigt sich in den Arbeiten von Philipp Ackermann, der den „Intelligence-as-Knowledge“ Ansatz formuliert hat. In Akademikerstichproben (gekennzeich­net durch eingeschränkte Varianz in der Intelligenz) wur­de das Wissen in 20 verschiedenen Bereichen (Litera­tur, Biologie, Ökonomie, Physik, Chemie, Elektronik, Ju­ra, Geschichte, …) auf der Basis von Intelligenz, den big five Persönlichkeitsmerkmalen und Interessen vorherge­sagt (Ackerman und Rolfhus, 1999; Rolfhus und Acker-man, 1999). Die Ergebnisse sind eindeutig: Für das Wis­sen in allen Gebieten war Intelligenz der mit Abstand beste Prädiktor (meist Faktor g, in wenigen Ausnahmen der verbale Faktor). Persönlichkeitsmerkmale wie Gewis­senhaftigkeit, Offenheit und Extraversion (negative Koef­fizienten), sowie Interessen konnten in einigen Gebieten zusätzliche Varianz aufklären, allerdings immer in gerin­gerem Masse als Intelligenz. Die Resultate sind ein schö­ner Beleg dafür, dass Intelligenzunterschiede sich in einer Wissens- und Informationsgesellschaft in der Breite und Tiefe der Allgemeinbildung niederschlagen – also in der Nutzung von allgemein zugänglichen Lerngelegenheiten. In der Münchener Längsschnittstudie LOGIK zeichnete sich bereits im Grundschulalter eine sehr hohe Validität der Untertests „Allgemeines Wissen“ und „Allgemeines Verständnis“ des Wechsler Tests für Kinder ab (Schneider et al., 1999).

(c) Die Kritik am eingeschränkten Geltungsbereich von Intelligenztests ist auch unter wissenschaftlich arbeiten­den Psychologen verbreitet und betrifft vor allem die Fo­kussierung auf das konvergente Denken. Kognitionsforscher wie Keith Stanovich bringen es wie folgt auf den Punkt: „IQ tests measure only a small set of the thinking abilities that people need“ (Stanovich, 2009. P. 3). Auf diesen Satz verweist auch Diane Halpern (2014) in ihrem Buch zum Thema „Critical Thinking“ an prominenter Stelle. Die beiden wie auch andere Autoren (z. B. Raab & Gigerenzer, 2005) verweisen auf die Tatsache, dass auch Menschen mit hohem IQ häufig irrational handeln, Denkfehler machen und Fehlschlüsse ziehen (z. B. indem sie bei Wahrscheinlichkeitsschätzungen die Basisraten unberücksichtigt lassen). Stanovich (2009) betont, dass rationales Denken keine evolutionär verankerte Kompe­tenz sei und dass es deshalb allen Menschen Schwierig­keiten bereite. Das Argument klingt zwar plausibel, aber das Konzept der Intelligenz wird damit in keiner Weise in Frage gestellt. Zwar konnten Stanovich und West (1998) nur geringe Zusammenhänge zwischen Intelligenztests und dem Lösen von Aufgaben aus der Literatur zu kogni­tiven Heuristiken und Verzerrungen (Kahneman, 2011) nachweisen. Aus mindestens zwei Gründen kann aus der Studie aber nicht geschlossen werden, dass IQ und ratio­nales Vorgehen beim Lösen komplexer Probleme zwei völlig unabhängige Grössen sind: Einerseits handelte es sich bezüglich der Intelligenz um eine eher homogene Stichprobe (Psychologiestudierende im Anfangssemes­ter), und andererseits hatten viele Teilnehmer aufgrund ihres geringen Alters (18 Jahre) nur wenig Gelegenheit, sich auf systematische Weise mit komplexen Problemen auseinander zu setzen. Logische Argumentation, Mathe­matik oder der Umgang mit abstrakten, wissenschaftli­chen Konzepten sind auch den intelligentesten Menschen nicht in das Gehirn gepflanzt, sondern sie müssen sie – zeitaufwändig und mühsam – lernen. Aber verglichen mit weniger intelligenten Personen bereitet ihnen das Lernen nicht so viel Mühe und es geht schneller.

Gerade diese beiden letztgenannten Aspekte sind es, die Stanovich’s Argument, wonach Intelligenz nicht evolutio­när begründbar sei, möglicherweise entkräften können. Neuere evolutionärpsychologische Erklärungen der Intelli­genz sehen diese als Ausdruck einer allgemeinen neuroko-gnitiven Fitness, die für den Menschen immer schon rele­vant war (vgl. Penke, Denissen und Miller, 2007), z. B. in Form einer schnellen Informationsverarbeitung, die mut­maßlich schon in Jäger-Sammler-Kulturen einen Überle­bensvorteil sicherte (und neurophysiologisch in Form der Myelinisierung im Gehirn nachweislich mit Intelligenz korreliert, z. B. Penke, Muñoz Maniega, Valdés Hernández, Murray, Royle, Starr, Wadlaw und Deary, 2012). Intelligenz wäre demnach zumindest für die Spezies Mensch immer schon relevant gewesen, nur hat sie vor 100.000 Jahren (Überlebens‐)Vorteile bei größtenteils ganz anderen Tätig­keiten gesichert, als dies heute der Fall ist.

Dass hohe Intelligenz aber kein Selbstläufer ist, son­dern in modernen Gesellschaften nur Vorteile bringt, wenn sie in Wissen umgesetzt wurde, welches zur Bewäl­tigung einer Anforderung benötigt wird, ist allgemein ak­zeptiert und kommt in der Investment-Theorie der Intel­ligenz zum Ausdruck (Cattell, 1963). Dass hohe Intelli­genz Lernerfolg wahrscheinlicher macht, ihn aber kei­nesfalls garantiert, zeigt die Forschung zum Underachi-evement und teilweise auch zur Hochbegabung (Siegle, 2013). Vergleichsweise wenig Forschung gibt es noch zur Frage, wie Lerngelegenheiten beschaffen sein müssen, damit intelligente Personen ihr Potenzial ausschöpfen können. Auch wenn Intelligenz ein stabiles Personen­merkmal ist, hat die Umwelt einen Einfluss auf ihre Ent­wicklung und Nutzung. Hier sind längst nicht alle Miss­verständnisse ausgeräumt, wie im nächsten Abschnitt diskutiert wird.

  1. Die Ursachenverwirrung: Wenn Intelligenz ein in den Genen verankertes Merkmal ist, bleiben Umwelteinflüsse unwirksam

Neben der diskutierten rigorosen Ablehnung der Intelli­genzmessung gibt es auch das Gegenteil: Es wird davon ausgegangen, dass der gemessene IQ in jedem Falle ein Abbild der genetisch determinierten geistigen Kompetenz ist. Gepaart mit der Annahme, dass weniger intelligente Menschen mehr Nachkommen haben, löst dies schon seit langer Zeit die Angst vor einer „kollektiven Verdum­mung“ aus – wie beispielsweise bei dem britischen Psy­chologen Cyril Burt in den 1930ger Jahren (dazu: Ma-ckintosh, 1995). Damals beschränkte sich das Wissen über Vererbung weitgehend auf die Mendelschen Regeln – was die Unterscheidung von mono- und polygenetischer Vererbung noch nicht implizierte. Zudem war man be­züglich der Messgenauigkeit der Gültigkeit von Intelli­genztests in den 1930er Jahren optimistischer als aus heutiger Sicht gerechtfertigt ist. In der Zwischenzeit hat sich das Konzept des Messfehlers etabliert und Intelligenz wird nicht mehr als Punktwert, sondern als Konfidenzin-tervall interpretiert. Auch ist unbestritten, dass bei der Beurteilung der Intelligenztestleistung die Lern- und Er­fahrungsgeschichte von Menschen einbezogen werden muss.

In das sehr populär gewordene Buch „The Bell Curve – Intelligenz and Class Structure in American Life“ des Psychologen Richard Herrnstein und des Soziologen Charles Murray, beide Professoren an der Harvard-Universität (Herrnstein & Murray, 1994) – sind solche Er­kenntnisse jedoch – wenn überhaupt- nur sehr rudimentär eingeflossen. Die Autoren wollten zeigen, dass Menschen mit dunkler Hautfarbe in den USA nicht aufgrund ihrer ungünstigen Lebensumstände wirtschaftlich schlechter gestellt seien, sondern dass sie aufgrund ihrer schlechte­ren geistigen Veranlagung (IQ) in ungünstigen Verhält­nissen lebten. Mit anderen Worten: Sie brächten tatsäch­lich schlechtere genetische Voraussetzungen für eine Ausbildung mit, die zu einem höheren Einkommen füh­ren kann. Evidenz für ihre Annahme fanden die Autoren mit folgendem Vorgehen: Aus größeren Datensätzen wurden für alle Menschen, die in einen bestimmten IQ-Bereich fallen – z.B. 98 bis 102 – die Einkommen berech­net und zwar getrennt nach ethnischer Herkunft. Die Au­toren konnten für die verschiedenen Abschnitte der IQ-Skala zeigen, dass Menschen mit dunkler Hautfarbe in diesem Abschnitt mehr verdienten als Menschen mit hel­ler Hautfarbe. Konkret: Diejenigen dunkelhäutigen Men­schen, die beispielsweise einen IQ von 100, 115 oder 120 erreicht hatten, verdienten mehr als die hellhäutigen Menschen mit gleichem IQ. Dass das Durchschnittsein­kommen der Afro-Amerikaner dennoch niedriger war als der das der Amerikaner mit europäischen Wurzeln, lag nach Herrnstein und Murray schlicht daran, dass im obe­ren IQ-Bereich nur noch sehr wenige Afro-Amerikaner vertreten waren. Mit anderen Worten, es gibt prozentual weniger dunkel- als hellhäutige Amerikaner mit einem überdurchschnittlichen IQ, und je höher dieser wird, um-so stärker wird das Ungleichgewicht. Aus den analysierten Daten leiteten die Autoren ab, dass Menschen mit dunk­ler Hautfarbe in den USA bei gleichen kognitiven Voraus­setzungen bereits beim Gehalt bevorzugt würden. Damit seien weitere Maßnahmen zur Unterstützung dunkelhäu­tiger Amerikaner nicht zu rechtfertigen, sondern führten zu einer Diskriminierung von Amerikanern europäischer Abstammung.

Zunächst einmal klingt das nach einer seriösen wis­senschaftlichen Analyse. Die Sache hat allerdings einen Haken, und der betrifft das Verständnis von Intelligenz und IQ. Hier haben die Autoren – obwohl einer von ihnen einen Abschluss in Psychologie hatte – ein verkürztes beziehungsweise veraltetes Verständnis, das sich im Wesentlichen auf die Vorstellung stützt, wonach sich die genetischen Voraussetzungen direkt in die Intelligenz-testleistung umsetzen. Dass Gene die optimale Ausbil­dung eines Merkmals nur unter bestimmten Umweltbe­dingungen steuern können, wird ignoriert. Damit bleibt unberücksichtigt, dass Menschen unterschiedlicher eth­nischer Herkunft nicht die gleichen Chancen haben, ihre Intelligenz zu entwickeln. Menschen mit dunkler Haut­farbe haben in den USA nachweislich ungünstigere fa­miliäre und schulische Entwicklungsbedingungen als Weisse. Wenn bei letzteren ein IQ von 110 gemessen wird, gibt das mit grösserer Wahrscheinlichkeit sein ausgeschöpftes intellektuelles Potenzial wieder als bei einem dunkelhäutigen Menschen mit gleichem Intelligenztestwert.

Seit dem Erscheinen von „The Bell Curve“ hat sich das Verständnis von Erbe und Umwelt gewandelt. Es gilt: Nicht „Nature versus nurture“ sondern „Nature via nur-ture“ (Ridley, 2003). Der Autor des mehr als 15 Jahre später erschienenen Buchs „Deutschland schafft sich ab“ (Sarrazin, 2010) hat diese Idee allerdings nicht aufgegrif­fen, wie ein am 27.8.2010 in DIE ZEIT geführtes Inter­view mit dem Autor zeigt: „Man muss unterscheiden zwischen dem ererbten und erworbenen Anteil der Intel­ligenz. Das heißt, wenn die Intelligenz zu 50 bis 80 Pro­zent erblich ist, dann ist der Rest von 20 Prozent bis 50 Prozent umweltbedingt.“

Dieses Zitat zeigt das häufig außerhalb, gelegentlich aber auch innerhalb der Sozialwissenschaften anzutref­fende Problem, wonach aus verhaltensgenetischen Stu­dien gewonnene Prozentangaben über Erbe und Umwelt unzulässiger Weise auf einzelne IQ-Messwerte ange­wandt werden. Diese Prozentangaben beziehen sich aber immer nur auf die Varianz einer Stichprobe und nicht auf individuelle Ressourcen. Da Statistik und der Umgang mit Daten erst allmählich in das Schulcurriculum aufge­nommen wird, ist „Varianzaufklärung“ als Konzept noch nicht in die Allgemeinbildung eingegangen. Ein Ver­ständnis von Varianz wird aber benötigt, um die Interak­tion zwischen Genen und Umwelt zu verstehen. Der Zoo­loge Richard Woltereck (1909) hat bereits vor mehr als hundert Jahren den Begriff der Reaktionsnorm eingeführt (der auch als „norms of reactions“ im angloamerikani­schen Kontext gebräuchlich ist), der seinen Weg in die Psychologie gefunden hat. Schon deshalb würde man von keinem Vertreter der wissenschaftlichen Psychologie die Gleichsetzung von „genetisch“ und „nicht veränderbar“ erwarten. Bei Scarr (1992) wird es auf den Punkt gebracht: Umwelteinflüsse können den Mittelwert eines Merkmals erhöhen, während Gene die Streuung um den Mittelwert erklären.

Obgleich wir heute aus einer großen Zahl an Zwillings-und Adoptionsstudien den Einfluss der Gene auf die in­dividuellen Unterschiede in der Intelligenz zumindest für entwickelte westliche Kulturen ziemlich genau abschät­zen können (20% bei Kindern, 40% bei Adoleszenten, 60% bei Erwachsenen, 80% bei älteren Erwachsenen; vgl. Plomin & Deary, 2015), stellt sich nichtsdestoweniger noch immer die Frage, ob man diese Prozentsätze medial öffentlich kommunizieren sollte: Zu leicht werden sie missverstanden und gleichsam als ‚Naturkonstanten‘ in­terpretiert. Aber wenn man die Entscheidung trifft, sie öffentlich zu kommunizieren, erscheint es unumgänglich, auf die Abhängigkeit der Befunde von der Umweltvarianz hinzuweisen: In einer extrem egalitären Gesellschaft wä­ren die Menschen noch immer unterschiedlich intelligent und diese Unterschiede wären zu 100% genetisch be­dingt. Im gegenteiligen Fall einer Gesellschaft mit sehr großer Inhomogenität der Bildungschancen könnten im Extremfall die genetischen Einflüsse sogar gegen Null tendieren, die Intelligenzunterschiede wären dann rein umweltbedingt.

Schlussbemerkung

In einer in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erschienen Rezension von Enzensbergers Buch (Geyer, 2007) wird der Vorwurf des Kampfes gegen einen Strohmann gemacht: Intelligenztests seien „altbacken“ so der wörtliche Vorwurf – und deshalb längst obsolet. Diesem Eindruck müssen wir als Psychologen entgegentreten, und mit unseren Ausfüh­rungen zum Definitionsproblem, zur Abseitigkeitsannah-me und zur Ursachenverwirrung hoffen wir, einige gute Argumente geliefert zu haben. Nach hundert Jahren An­wendung von und Forschung zu Intelligenztests, die zuge­gebenermassen auch mit Irrtümern und Missbrauch ein­hergingen, haben sich theoretisch gut abgesicherte Mo­delle der menschlichen Intelligenz etabliert. Der guten psychometrischen Qualität von Intelligenztests haben wir profunde Erkenntnisse über das Zusammenwirken von Genen und Umwelt bei psychologischen Merkmalen zu verdanken, die eine einseitige Ursachenzuschreibung (Ge­ne oder Umwelt?) längst obsolet gemacht haben. Dies ei­ner statistisch nicht versierten Öffentlichkeit zu vermitteln, bleibt eine Herausforderung.

Für den praktischen Einsatz von Intelligenztests gilt, dass es – abgesehen von bereichsspezifischem Vorwissen – keine vorhersagekräftigeren Diagnoseinstrumente für die individuelle Lern- und Bildungsfähigkeit gibt. Und die Prognosefähigkeit von Intelligenztests ist durchaus ver­gleichbar mit den genauesten medizinische Diagnosen (vgl. Meyer et al., 2001). Mit Hilfe einer individuellen In­telligenzdiagnostik, bei der mehrere Tests einbezogen werden und Konfidenzintervalle statt Punktwerte inter­pretiert werden, können etwa an der Schwelle zum Gym­nasium und an der Schwelle zur Universität unentdeckte Talente gefördert werden. Andererseits können Personen rechtzeitig neue berufliche Wege einschlagen, wenn In­telligenztests ihnen bescheinigen, dass ihre kognitiven Fähigkeiten nicht den Anforderungen akademischer In­stitutionen genügen. Auf Intelligenztests bei Bildungsent­scheidungen und in der Berufsberatung zu verzichten wäre vergleichbar mit der Idee, in der Medizin z.B. auf Ultraschalldiagnostik zu verzichten.

Was müssen wir als Psychologen tun, damit der Wert von Intelligenzdiagnostik erkannt und die Angst davor genommen wird? Wir sollten unbegründete Ängste neh­men, die allein das Wort „Intelligenz“ auslöst. Diese ge­hen in zwei Richtungen. Zum einen werden überdurch­schnittlich intelligente Menschen manchmal fast als Aliens gesehen, die wenn nicht Böses, so doch Unbere­chenbares im Schilde führen. Immer wieder darauf hin­zuweisen, dass hoch intelligente Menschen zwar schnel­ler lernen und denken, aber ansonsten alle Stärken und Schwächen mit anderen Menschen teilen, ist wichtig. Dass eine Wissens- und Informationsgesellschaft gut daran tut, intelligenten Menschen die Möglichkeiten zur Entfaltung ihres Potenzials zu geben, heisst nicht, ihnen alle Verantwortung zu überlassen. Eine Weltherrschaft der Hochbegabten ist weder durch die Forschung abge­deckt noch ist sie erstrebenswert. Zum anderen führt die persönliche Angst, in einem Intelligenztest ein Mangel an geistigem Potenzial zu offenbaren, zu Abwehrreaktionen. Hier hilft der Hinweis auf die Befunde zur Bedeutung des Wissens für das Können, den Franz Weinert (2001, S. 85) zusammengefasst hat: Unabhängig von den unterschied­lichen Fähigkeiten und Talenten der Schüler muss alles gelernt werden, was später gewusst und gekonnt wird. Lernen ist der mächtigste Mechanismus der kognitiven Entwicklung. Das gilt uneingeschränkt sowohl für hoch­begabte Kinder als auch für schwächer begabte Schüler.“

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Prof. Dr. Elsbeth Stern
Eidgenössische Technische Universität Zürich
Professur für Lehr- und Lernforschung
Clausiusstrasse 59
8092 Zürich  Schweiz
stern@ifv.gess.ethz.ch

Prof. Dr. Aljoscha Neubauer
Institut für Psychologie
Universität Graz
Universitätsplatz 2
8010 Graz   Österreich