Weinert, Franz E.; Waldmann, Michael R.: Das Denken Hochbegabter. Intellektuelle Fähigkeiten und kognitive Prozesse – In: Zeitschrift für Pädagogik 31 (1985) 6, S. 789-804 – URN: urn:nbn:de:0111-pedocs-143747 – DOI: 10.25656/01:14374
Zusammenfassung
Trotz jahrzehntelanger Forschung ist unser Wissen über die internen und externen Bedingungen von Hochbegabung unzureichend. Es werden deshalb drei konvergierende aktuelle Forschungsrichtungen diskutiert, die sich als ertragreich für ein besseres Verständnis hoher intellektueller Begabung und Leistung erweisen könnten. Der kognitive Korrelate- und Komponentenansatz befaßt sich mit der Spezifikation kognitiver Prozesse, die bei der Lösung schwieriger Testaufgaben bedeutsam sind. Die Experten-Novizen-Forschung bemüht sich um eine Beschreibung der kognitiven Besonderheiten von Experten, die hohe Leistungen in einem komplexen Inhaltsbereich erbringen. Die an differentiellen Fragen orientierte kognitive Entwicklungspsychologie schließlich bemüht sich um die Aufklärung von Entwicklungsverläufen kognitiver Kompetenzen bei Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeitsniveaus.
Hatte JOHANN WOLFGANG VON GOETHE als Jugendlicher einen IQ von 185 und erreichte er als junger Erwachsener den ungewöhnlichen Wert von 200? Lassen sich seine intellektuellen Fähigkeiten also lediglich mit dem geistigen Potential von GOTTFRIED WILHELM LEIBNIZ, von JOHN STUART MILL oder HUGO GROTIUS, einem holländischen Juristen, Theologen und Poeten des 17. Jahrhunderts vergleichen? Hätten LA FONTAINE, NIKOLAUS KOPERNIKUS oder MIGUEL DE CERVAN-TES wirklich 80 Punkte weniger als GOETHE erreicht, wenn es zu ihren Lebzeiten schon die Segnungen wissenschaftlicher Intelligenztestverfahren gegeben hätte? Wie frühzeitig, wie sicher und wie spezifisch sind die Talente außergewöhnlich erfolgreicher Philosophen, Wissenschaftler oder Künstler zu erkennen? Welche Rolle spielen schließlich Persönlichkeitseigenschaften und Umweltbedingungen, damit aus überdurchschnittlichen Leistungsfähigkeiten von Kindern herausragende Leistungen von Erwachsenen werden? Solche Fragen drängen sich auf, wenn man den 1926 publizierten Bericht von CATHERINE Cox über die frühe geistige Entwicklung von 300 Genies des 15. bis 19. Jahrhunderts liest. Ihre interessanten, im wissenschaftlichen Wert allerdings schwer abschätzbaren Befunde wurden kürzlich von WALBERG u. a. (1981) bestätigt. Am Ende dieser Studie wird JOHN MILTON zitiert: „The childhood shows the man, as morning shows the day“.
Diese Metapher ist nicht nur für die retrospektive Analyse genialer Leistungen, sondern auch für die prospektiv orientierte Hochbegabtenforschung ebenso kennzeichnend wie enthüllend. Natürlich folgt einem sonnigen Morgen sehr oft auch ein schöner Nachmittag; nicht selten aber verspricht der Morgen mehr als der Tag hält, oder der Tag wird besser als es in der Frühe zu erwarten war. Die Gemeinsamkeiten der Wetter- und der Begabungsforschung sind natürlich nichts anderes als oberflächliche Analogien, obwohl eine Übereinstimmung es vielleicht verdient, festgehalten zu werden: Bei der wissenschaftlichen Bearbeitung dieser so unterschiedlichen Themen dominierte lange Zeit die Tendenz, alte Bauernregeln und Volksweisheiten durch statistische Vorhersagemodelle zu ersetzen, ohne die zu prognostizierenden Phänomene theoretisch erklären zu können. Das damit umschriebene Defizit charakterisiert bis heute die psychologische Hochbegabtenforschung. Große Fortschritte bei der Entwicklung psychometrischer Methoden in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts haben dazu geführt,
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- daß wir auf allen Altersstufen mit beachtlicher Perfektion Kinder identifizieren, denen wir ein überdurchschnittliches intellektuelles Potential zuschreiben können,
- daß wir die Leistungsentwicklung dieser Kinder in der Schule relativ gut, im späteren Beruf aber nur unbefriedigend vorhersagen können,
- daß aus den mittelmäßigen und mäßigen Leistungsprognosen keine wissenschaftlich begründeten Hinweise auf spezielle pädagogische Förderungsmöglichkeiten ableitbar sind und
- daß mit Hilfe des Instrumentariums der differentiellen Psychologie herausragende intellektuelle Leistungen weder bei Kindern noch bei Erwachsenen theoretisch angemessen erklärt werden können.
Man muß also sowohl vom wissenschaftlichen wie vom praktischen Standpunkt aus ohne jede Dramatisierung von einer weltweiten Krise der Hochbegabtenforschung sprechen. Um so erstaunlicher ist das seit einigen Jahren zu beobachtende lebhafte Interesse der Öffentlichkeit am Phänomen der Hochbegabung und an den damit zusammenhängenden soziologischen, psychologischen und pädagogischen Fragen. Welche Gründe auch immer dafür verantwortlich sein mögen, es waren jedenfalls keine neuen, spektakulären wissenschaftlichen Erkenntnisse, die die öffentliche Aufmerksamkeit hätten wecken können; eher ist zu vermuten, daß das allgemeine Interesse an diesem Thema zu einer Stimulierung der Hochbegabtenforschung führen wird.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, auf die gegenwärtige defizitäre wissenschaftliche Situation zu reagieren:
- Unabhängig vom jeweiligen Entwicklungsstand psychologischer Theorien kann man sich die alltägliche Erfahrung zunutze machen, daß es auf allen Altersstufen offenkundig und unübersehbar Kinder gibt, die ihren Altersgenossen auf vielen oder einzelnen Gebieten weit überlegen sind: Sie interessieren sich für Dinge, beschäftigen sich mit Problemen, suchen nach Informationen, gewinnen Einsichten und erzielen Leistungen, die den meisten Gleichaltrigen verschlossen sind. Ihnen genügend Gelegenheit zu geben, das zu tun, was sie tun wollen und können, ihnen Hilfe angedeihen zu lassen, wenn sie Fragen haben oder nach Erfahrungsmöglichkeiten suchen und sie zu fördern, ohne sie zu gängeln, — dazu bedarf es nicht unbedingt wissenschaftlicher Theorien, sondern es genügt in vielen Fällen die psychologische Sensibilität und das pädagogische Fingerspitzengefühl von Erziehern. Ungesicherte wissenschaftliche Annahmen und Pseudotheorien können in solchen Fällen mehr schaden als nützen, weil fehlendes Wissen durch subjektive Gewißheiten ersetzt wird.
- Man kann als Wissenschaftler sich selbst und eine staunende Öffentlichkeit auch zu überzeugen versuchen, daß unser Erkenntnisstand weit besser ist als von den Kritikern der Hochbegabtenforschung unterstellt wird. Die Methode dafür ist einfach und in der Psychologie häufig erprobt: Man nehme einen Cocktail verschiedenster Prädiktoren, ein Potpourri unterschiedlicher Entwicklungsverläufe und ein Füllhorn voller Leistungskriterien und verknüpfe das alles mit Hilfe möglichst raffinierter statistischer Techniken. Bei hinreichend großen Stichproben erhält man beliebig viele, beliebig signifikante Ergebnisse. Als Kausalmodelle dargestellt, ist der Eindruck, den solche Daten vermitteln, beachtlich. Bei all dieser wissenschaftlichen Betriebsamkeit wird häufig versäumt, sich selbst und anderen bewußt zu machen, was man eigentlich weiß und was man nicht weiß und wie begrenzt die Schlußfolgerungen sind, die aus dem verfügbaren Wissen gezogen werden können.
(c) Als dritte Möglichkeit bietet sich schließlich die Intensivierung der notwendigen Grundlagenforschung an. Ausgangspunkt dafür sollte die Einsicht sein, daß statistische Prognosemodelle ohne ausreichendes theoretisches Erklärungswissen relativ unergiebig sind. Jahrzehntelang hat man sich darum bemüht, mit immer besseren Meßverfahren zu beweisen, daß Kinder mit weit überdurchschnittlichen Ergebnissen in Fähigkeitstests in Schule und Beruf mit überzufälliger Wahrscheinlichkeit gute oder sehr gute Leistungen erzielen. Es ist fast trivial, daß diese plausible Erwartung in empirischen Untersuchungen immer wieder bestätigt werden konnte; am überzeugendsten und umfassendsten zweifellos in der klassischen Längsschnitt-studie von TERMAN (vgl. TERMAN/ODEN 1947). Keineswegs trivial ist auf der anderen Seite die Tatsache, daß die korrelativen Zusammenhänge zwischen Prädik-toren und Kriterien durchweg mäßig sind und daß sie noch schwächer werden, wenn das Kriterium zeitlich entfernt liegt und wenn nicht oberflächliche, sondern anspruchsvolle Operationalisierungen zu seiner Erfassung verwendet werden (SAM-SON u. a. 1984; TAYLOR u. a. 1985)
Solche Befunde scheinen besonders desillusionierend, wenn man sich die praktischen Interessen vor Augen hält, die mit der Hochbegabtenforschung häufig verbunden sind: es ist zum einen die Hoffnung, möglichst bereits im Kleinkindalter besondere intellektuelle Potentiale zu identifizieren, die bei entsprechender, auf einer objektiven Diagnose aufbauender Förderung als Basis für spätere Höchstleistungen angesehen werden können; zum anderen geht es um die Analyse notwendiger oder hinreichender Entwicklungsbedingungen von Menschen, die als Erwachsene herausragende kulturelle Leistungen erbracht haben, so daß daraus pädagogisch nutzbare Schlußfolgerungen für die künftige Talentförderung gezogen werden können. Von der Erfüllung solcher Hoffnungen sind wir gegenwärtig weit entfernt. Das hängt gewiß auch damit zusammen, daß wir theoretisch gesehen zu wenig über die Prädiktoren, zu wenig über die Kriterien und zu wenig über die Prozesse wissen, die statistisch bedeutsame Vorhersagen von exzellenten Leistungen erklären könnten.
In jüngster Zeit lassen sich jedoch einige theoretisch interessante Ansätze erkennen, die mit der seit langem geforderten, sich aber erst seit kurzem abzeichnenden Verknüpfung zwischen klassischer Intelligenzforschung und der in stürmischer Entwicklung befindlichen Kognitionspsychologie zusammenhängen.
Mit dieser wissenschaftlichen Perspektive ist zugleich der inhaltliche Rahmen dieses Beitrags umschrieben. Wir wollen die Ergebnisse von drei konvergierenden aktuellen Forschungsrichtungen kurz darstellen und deren Ertrag im Hinblick auf ein besseres psychologisches Verständnis hoher intellektueller Begabung und Leistung diskutieren. Im einzelnen:
(1) Wie unterscheidet sich das Denken von Menschen mit unterschiedlich hohen intellektuellen Fähigkeiten?
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- Wie unterscheidet sich das Denken von Experten und Novizen in verschiedenen Leistungsbereichen?
- Wie entwickeln sich intellektuelle Fähigkeiten, Denkmöglichkeiten und Expertenwissen im Kindes- und Jugendalter?
Wie bereits angedeutet, beschränken wir uns im folgenden auf den Bereich der intellektuellen Hochbegabung, wobei intellektuelle Hochbegabung als interindivi-duell variables System jener kognitiven Bedingungen verstanden wird, deren aktuelle Verfügbarkeit oder potentielle Entwickelbarkeit es einem Individuum gestattet, herausragende geistige Leistungen bei der Lösung anspruchsvoller Probleme zu erzielen. In dieser Definition wird jede Einschränkung auf bestimmte Fähigkeitsaspekte wie Intelligenz oder Kreativität vermieden und zugleich auf Festlegungen über Erb- oder Umweltanteile bei der Entwicklung von Hochbegabungen verzichtet.
- Gewährleisten hohe Werte in einem Intelligenztest auch gute Denkleistungen?
Plausiblerweise müßte diese Frage bejaht werden können, denn die meisten Psychometriker behaupten, daß Intelligenztests relativ stabile Unterschiede individueller Denkfähigkeiten erfassen. Erstaunlicherweise ist diese Behauptung lange Zeit empirisch kaum überprüft worden. Man ist vielmehr der Spur ALFRED BINETS gefolgt und hat die Validität von Verfahren zur Messung intellektueller Fähigkeiten im Kindesalter vor allem durch ihre Korrelation mit dem Schulerfolg bestimmt. Die ermittelten Koeffizienten weisen eine ziemlich große Bandbreite auf, sind aber selten höher als .5. An diesen durchschnittlichen Werten hat sich trotz vieler Forschungsbemühungen seit Jahrzehnten praktisch nichts verändert, was allerdings nicht weiter erstaunen kann, wenn man die Leistungen in Intelligenztests und in verschiedenen Schulfächern produkt- und prozeßanalytisch miteinander vergleicht.
Dieser etwas diffuse Befund gewinnt bei Kindern mit einem extrem hohen Intelligenzquotienten an Kontur. Deren Lern-, Schul-, Studien- und Berufsleistungen sind in vielen Fällen weit überdurchschnittlich, obwohl auch bei dieser Population die Stabilität der Entwicklungsverläufe gegenüber der beobachtbaren Variabilität leicht überschätzt wird.
Das gilt auch für die seit den zwanziger Jahren von LEWIS TERMAN untersuchte Stichprobe von 1528 kalifornischen Kindern mit einem IQ von mindestens 135 Punkten. In einem zusammenfassenden Rückblick sprach ROBERT SEARS (1984) kürzlich von einem erstaunlichen Mythos, der diese Studie umgibt, „Partially fostered by the early discovery that these children with high IQs were also, an the average, superior in other respects, such as academic achievements, health, strength, sociability, and so forth. Of course, there was a very wide distribution of accomplishments within the group. Although the members have been reasonably successful, they are far from being the eggheads some people suppose them to be there was wide variability in both the gifted and unselected groups“ (S. 399).
Was hochintelligente Menschen nach den Beobachtungen TERMANS aber besonders auszeichnet, ist ihr schnelles Auffassen und Verstehen, ihr gutes Gedächtnis, ihr großer Informationsreichtum und die flexible geistige Anpassungsfähigkeit (1925,
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- 287), alles günstige Voraussetzungen also, um bei der Lösung neuartiger Denkprobleme gute Leistungen erzielen zu können.
Damit kommen wir zur Ausgangsfragestellung dieses Abschnitts zurück. Bei ihrer Beantwortung können wir uns auf einige kürzlich publizierte Untersuchungen stützen, die zu belegen scheinen, daß kein enger Zusammenhang zwischen den Leistungen in Intelligenztests und bei offenen Denkaufgaben besteht. Um ein solch überraschendes Resultat verstehen und beurteilen zu können, ist es notwendig, sich die Unterschiede zwischen typischen Intelligenz- und Denkaufgaben bewußt zu machen.
Beim Lösen komplexer Probleme geht es zum Beispiel darum, regelmäßig oder unregelmäßig geformte Teile eines Puzzles so zusammenzusetzen, daß dadurch eine bestimmte Figur entsteht; oder die Versuchsteilnehmer müssen mit Hilfe kompliziert verdrahteter Schalter ein vorgegebenes Lichtmuster erzeugen; oder man soll als Bürgermeister einer fiktiven Kleinstadt ineinander verschachtelte Probleme lösen; oder es gilt, einer Schneiderwerkstatt, die im wahrsten Sinne des Wortes auf Konkurs programmiert ist, durch geeignete Maßnahmen zum geschäftlichen Erfolg zu verhelfen (vgl. DÖRNER u. a. 1983; PUTZ-OSTERLOH 1981 a,b).
Im Vergleich dazu wird man in Intelligenztests mit etwas stereotyperen Aufgaben konfrontiert. Man muß zum Beispiel Zahlenreihen, wie etwa 1-3-6-10-15 fortsetzen, indem man die zugrundeliegende Regel erkennt und anwendet. Oder man soll Analogieaufg4ben lösen, die nach dem Muster Zucker : süß = Zitrone : (gelb, sauer, Frucht, ausquetschen, Tee) konstruiert sind.
Obwohl es im Aufbau der verfügbaren Intelligenztests wie im Spektrum bisher verwendeter Denkprobleme jeweils eine beachtliche Variabilität von Aufgabentypen gibt, ging man lange Zeit ganz selbstverständlich von der Annahme aus, daß Intelligenztests eine repräsentative Stichprobe jener dispositionalen Fähigkeiten messen, die zur Lösung unterschiedlichster Denkaufgaben benötigt werden. Die daraus abgeleitete Zusammenhangshypothese ließ sich aber, wie erwähnt, empirisch nicht bestätigen. Die errechneten Korrelationskoeffizienten sind vielmehr uneinheitlich, instabil und durchwegs niedrig bis vernachlässigbar (PuTz-OSTER-LOH 1981 a; DORNER/KREUZIG 1983; KLIX/LANDER 1967).
Derart unbefriedigende Befunde werden von Denkpsychologen und Intelligenztheoretikern natürlich sehr unterschiedlich interpretiert. Während DORNER und KREUZIG die prognostische Validität von Intelligenztests in die Nähe von Kaffee-satzurteilen rücken (1983, S. 181), bescheinigen AIVIELANG und BARTUSSEK den üblichen Denkaufgaben schlicht methodische Unzuverlässigkeit (1985, S. 223). Ignoriert man die hier zum Ausdruck kommende Polemik, so bieten die nur scheinbar negativen Ergebnisse interessante theoretische Perspektiven, weil sie zu einer gründlichen Analyse von unterschiedlichen Anforderungen, Lösungsprozessen und dafür notwendigen Kompetenzen bei Intelligenz- und Denkaufgaben geradezu herausfordern.
Vor etwas mehr als 20 Jahren noch beklagte MCNEMAR, daß „these studies an individual differences never come to grips .with the processes, or operations, by which a given organism achieves an intellectual response“ (1964, S. 881). Inzwischen sind verschiedene Strategien vorgeschlagen worden, um eben diese Frage zu untersuchen. In dem von EARL HuNT entwickelten Paradigma kognitiver Korrelate wird zum Beispiel das Niveau verbaler und numerischer Intelligenztestleistungen in
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Beziehung gesetzt zu individuellen Differenzen in elementaren Prozessen der Informationsverarbeitung, zum Beispiel der Schnelligkeit, mit der auf verfügbares Wissen zurückgegriffen werden kann (vgl. HUNT/FROST/LUNNEBORG 1973). Obwohl die gefundenen Zusammenhangsmuster insgesamt sehr moderat sind (mit Korrelationskoeffizienten um .3), sprechen die Resultate doch dafür, daß die durch Tests gemessenen intellektuellen Fähigkeiten substantielle und konsistente Beziehungen zu Schlüsselvariablen kognitiver Modelle der Informationsverarbeitung aufweisen (HuNT 1978, 1985).
Ähnlich ist der Ergebnistrend im Paradigma kognitiver Komponenten (STERNBERG 1977; PELLEGRINO/GLASER 1982). Hier werden Aufgaben aus Intelligenztests logisch analysiert, notwendige Lösungsprozesse werden modelliert und mit Hilfe empirisch gewonnener Bearbeitungsprotokolle überprüft. Dabei zeigen zum Beispiel Menschen mit hohen im Vergleich zu solchen mit niedrigen Testwerten für induktives Denken ein Aufgabenverhalten, das die Belastungen des Gedächtnisses möglichst gering hält, sich durch die Verwendung situationsangemessener Problem-lösestrategien auszeichnet und offenkundig durch ein begrifflich abstraktes Wissen geleitet wird (GLASER 1984; PELLEGRINO 1985). Aber auch bei diesen Untersuchungen waren die empirischen Befunde nicht so einheitlich, wie deren generalisierende Zusammenfassung suggerieren könnte.
Um die zum Teil mit widersprüchlichen Ergebnissen verbundenen theoretischen Probleme zu verstehen, muß man sich bewußt machen, daß Denken ein komplexer Vorgang ist mit vielen Komponenten und Subprozessen, die zum Teil wechselseitig substituierbar oder kompensierbar sind. Gleiche Ergebnisse können also durch unterschiedliche individuelle Bedingungskonstellationen zustandekommen; geringe Variationen in der Aufgabenstellung führen oft zu sehr unterschiedlichen Reaktionen und Leistungen (vgl. z. B. KOSSLYN u. a. 1984; JUST/CARPENTER 1985; HUNT 1980). Plausiblerweise müßte jedoch vermutet werden, daß hervorragende Denkleistungen stets eines effektiven Zusammenspiels aller gut entwickelter Teilfunktionen bedürfen. Eine solche scheinbar auf der Hand liegende Vermutung sollte allerdings nicht zu voreilig geäußert werden, denn es ist eine offene Frage, ob nicht in bestimmten Problemsituationen gerade gewisse Schwächen des kognitiven Systems zur Verwendung von Strategien und zur Verarbeitung von Information führen könnten, die eine Produktion neuer, kreativer Ideen begünstigen. Von einer wissenschaftlich befriedigenden Klärung solch schwieriger Fragen sind wir leider noch weit entfernt. Der gegenwärtige Erkenntnisstand erlaubt lediglich eine relativ grobe Charakterisierung des Denkens Hochbegabter, die aber deswegen theoretisch interessant ist, weil sie auch Erklärungen enthält, warum durch Intelligenztests die Leistungen in komplexen Problemsituationen nicht gut vorhergesagt werden können.
Wodurch zeichnet sich erfolgreiches Denken also aus? Auf diese Frage muß nach den Erkenntnissen der Kognitionspsychologie eine facettenreiche Antwort gegeben werden:
(a) Die Lösung schwieriger Probleme erfordert in der Regel ein Organisieren verschiedener Teilfunktionen und Teilprozesse der Erkenntnistätigkeit, damit ein festgelegtes oder zu suchendes Ziel mit Hilfe der verfügbaren geistigen Ressourcen erreicht werden kann (KLIx 1983). Das dafür notwendige Planungs- und Steue-
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rungswissen und die erforderlichen Überwachungs- und Steuerungsfertigkeiten bezeichnet man häufig als metakognitive Kompetenzen. STERNBERG (1981) schreibt ihnen in seinem Komponentenmodell der Hochbegabung folgende Funktionen zu:
- zu entscheiden, worin eigentlich ein Problem besteht;
- das Planen zweckmäßiger Lösungsschritte;
- die Auswahl geeigneter Handlungsstrategien;
- die problemangemessene mentale Repräsentation von Informationen, zum Beispiel in Form sprachlicher Umschreibungen, bildhafter Vorstellungen oder symbolischer Verschlüsselungen;
- die zweckmäßige Verteilung der Aufmerksamkeit
- und die Kontrolle der gesamten Problemlösungsaktivitäten.
Während zwischen schwach und durchschnittlich begabten Kindern deutliche Unterschiede in der Verfügbarkeit metakognitiver Kenntnisse und Fertigkeiten gefunden werden konnten, war das bei Vergleichen zwischen hochbegabten und durchschnittlich begabten Kindern nicht immer der Fall. Das hängt möglicherweise damit zusammen, daß die verwendeten Aufgaben zu einfach waren und daß die Kombination automatisierter und reflexiver Prozesse nicht ausreichend berücksichtigt wurde (BoRKowsKI/PEcK, im Druck).
- Die Lösung schwieriger Probleme erfordert in der Regel die Gewinnung substantieller Einsichten. Das gilt vor allem dann, wenn völlig unbekannte Probleme zu bearbeiten sind. Nach der Theorie von DAVIDSON und STERNBERG (1984) ist es dabei notwendig, daß Informationen selektiv enkodiert, kombiniert und miteinander verglichen werden. Problemadäquate Einsichten kommen nämlich nur zustande, wenn relevante von irrelevanten Informationen unterschieden und die relevanten zu neuen Einheiten verbunden werden, wobei es darauf ankommt, permanent aktuelle Erfahrungen mit dem individuell gespeicherten Wissen zu vergleichen (vgl. STERNBERG 1985). In diesen drei Prozessen, in ihrer situationsspezifischen Verknüpfung und in der Neuartigkeit der dadurch erzielten Problemlösungen manifestieren sich nach Auffassung von DAVIDSON und STERNBERG jene kognitiven Fähigkeiten, die für Hochbegabte besonders kennzeichnend sind. DAVIDSON und STERNBERG fanden in ihren empirischen Studien, daß Hochbegabte in allen drei untersuchten Subprozessen weniger Begabten überlegen sind. Werden dagegen bei der Darbietung der Problemsituationen lösungsrelevante Hilfestellungen gegeben, so verringern sich die Unterschiede zwischen Hoch- und Normalbegabten beträchtlich (vgl. MARR/STERNBERG, im Druck). Daraus könnte geschlossen werden, daß es vielen durchschnittlich Begabten nicht am notwendigen Wissen und an den erforderlichen Fähigkeiten fehlt, sondern an der Kompetenz, die relevanten Informationen situationsgerecht abzurufen oder einzusetzen. Wie begrenzt unser Wissen über hohe Begabung und über kognitive Prozesse bei der Lösung offener Probleme ist, wird deutlich, wenn man sich klar macht, daß STERNBERG zwar in der Lage ist, seine Entscheidungsregeln für irrelevante und relevante Informationen beispielhaft zu nennen, nicht aber anzugeben, wie durch das kognitive System Unterscheidungen dieser Art getroffen werden können.
- Die Lösung schwieriger Probleme erfordert in der Regel ein reichhaltiges, flexibel nutzbares problemspezifisches Wissen. Auf diesen Punkt kommen wir im
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nächsten Abschnitt ausführlich zurück. Im Augenblick gilt es lediglich festzuhalten, daß sowohl die Intelligenzforschung wie die Denkpsychologie sich lange Zeit mit relativ formal definierten Fähigkeiten und Denkprozeduren beschäftigt haben, so daß die Bedeutung des Wissens für die Lösung inhaltlich anspruchsvoller Aufgaben übersehen wurde (vgl. CHVGLASER 1985). Natürlich kommt es bei erfolgreichen Problemlösungen nicht so sehr auf die Menge des verfügbaren Wissens, sondern vor allem auf dessen Qualität an, also auf seine Differenziertheit, Organisiertheit und flexible Zugänglichkeit.
- Die Lösung schwieriger Probleme erfordert in der Regel effiziente Formen der Informationsverarbeitung. Die Schnelligkeit, mit der kognitive Prozesse ablaufen, die Menge an Information, die gleichzeitig verarbeitet werden kann, die Leichtigkeit des Abrufens von Wissen aus dem Langzeitgedächtnis und der notwendige Aufwand bei der Bildung neuer Assoziationen sind Merkmale des kognitiven Apparats, von denen es abhängt, welche Operationen wie ausgeführt werden können. Es besteht kein Zweifel, daß es bei solchen mentalen Kapazitäten erhebliche individuelle Unterschiede gibt, obwohl wir darüber noch wenig wissen, weil diese Prozeßmerkmale durch Wissens- und Strategieeinflüsse bei der Informationsverarbeitung notorisch überlagert werden. So ist es auch noch unklar, ob und wie intellektuelle Hochbegabung von solchen elementaren Bedingungen der Effektivität des kognitiven Systems abhängig ist. Im Augenblick spricht manches dafür, daß individuelle Differenzen in elementaren Prozessen der Informationsverarbeitung für die Unterscheidung von Minderbegabten und Begabten relevanter sind als für die Differenzierung zwischen Begabten und Hochbegabten (vgl. HUNT 1980, DEMPSTER 1985).
- Die Lösung schwieriger Probleme erfordert in der Regel die Transformation des in einer konkreten Situation Gegebenen im Hinblick auf das als Zielzustand Geforderte. Dazu sind Abstraktionsleistungen, das Entdecken und Erfinden von Ordnungen, die kontextfreie Zugänglichkeit von Informationen, der schnelle Wechsel zwischen verschiedenen Formen der Wissensrepräsentation, die Originalität bei der Bildung neuer Informationseinheiten und eine zeitweilige Toleranz gegenüber unfertigen Problemlösungen erforderlich. Solche Leistungen werden häufig als besondere Charakteristika des Denkens Hochbegabter angesehen (BRowN 1984).
Schon diese bruchstückhafte und oberflächliche Aufzählung einiger Komponenten des menschlichen Denkens müßte deutlich gemacht haben, daß sich die Leistungen beim Problemlösen nur als Resultate komplizierter Wechselwirkungen zwischen den spezifischen Anforderungen einer Aufgabe, dem intern repräsentierten expliziten und impliziten Wissen, sowie den automatisiert ablaufenden und reflexiv gesteuerten Lösungsprozessen erklären lassen. Intellektuelle Fähigkeiten sind in diesem Zusammenhang nichts anderes als theoretische Klassifikationen von Merkmalen des Denkens und seiner internen Voraussetzungen, bei denen sich relativ stabile und leistungsrelevante individuelle Unterschiede feststellen lassen. So gesehen müßten eigentlich die Ergebnisse von Intelligenztests und Denkaufgaben „großflächige Überlappungen aufweisen“ (AMELANG/BARTUSSEK 1985, S. 222). Daß dem nicht so ist, hängt vor allem mit der Verwurzelung der zwei Forschungsrichtungen in unterschiedlichen wissenschaftlichen Traditionen zusammen. Wäh-
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rend in Intelligenztests bevorzugt Aufgabenserien verwendet werden, deren Lösungsmuster transparent, festgelegt und auf die Nutzung verfügbaren Regelwissens gerichtet ist, handelt es sich bei typischen Denkaufgaben um offene Problemsituationen, in denen die Ziele, die zu beachtenden Umstände und die operativen Vorgehensweisen erkundet, gefunden und kontinuierlich beurteilt werden müssen. Macht man sich diese Verschiedenheiten bewußt, so ist es nicht erstaunlich, daß die Reliabilität von Intelligenztests wesentlich höher liegt als die von Denkaufgaben und daß die Leistungen beim Problemlösen weder durch das Verhalten in anderen Problemsituationen noch durch die Werte in Intelligenzskalen gut vorhergesagt werden können.
- Herausragende intellektuelle Leistungen erfordern nicht nur gute Denkfähigkeiten, sondern auch ein reichhaltiges Wissen
Wie bereits erwähnt, haben sich die traditionelle Intelligenzforschung und die Denkpsychologie bisher vorwiegend mit der Entwicklung und Bearbeitung von Aufgaben befaßt, die zu ihrer Bewältigung wenig spezifisches Wissen erfordern. Die dabei gefundenen theoretischen Modelle zur Beschreibung erfolgreicher Lösungstechniken haben sich jedoch für die Bearbeitung wissensintensiver Probleme als unzureichend erwiesen.
Fragt man zum Beispiel, wovon es abhängt, ob und wie jemand einen wissenschaftlichen Text versteht, eine schwierige Aufgabe löst oder gar eine neue Erkenntnis gewinnt, so wird die Bedeutung des Wissens für das Denken unmittelbar einsichtig. Natürlich kommt es dabei nicht nur darauf an, daß man etwas weiß und was man weiß, sondern vor allen, wie man etwas weiß.
Bei der Erforschung dieser Bedingung menschlichen Denkens standen am Anfang Studien über Schachmeister (DE GROOT 1965; CHAsE/SxmoN 1973). Sie unterscheiden sich von durchschnittlichen Spielern zum Beispiel durch das schnelle Einprägen kurzzeitig dargebotener Schachkonstellationen. Das kann nicht einfach an ihrem insgesamt besseren Kurzzeitgedächtnis liegen, weil die Erinnerungsdifferenzen bei zufällig angeordneten Schachfiguren verschwinden. Entscheidend ist offenbar, daß Schachexperten über ein Repertoire von etwa 50 000 verschiedenen Schachmustern verfügen, die sie blitzschnell wiedererkennen und für ihr operatives Verhalten nutzen können. Demgegenüber kann ein guter Clubspieler etwa 1000, ein Schachanfänger nur einige wenige Figurenmuster wiedererkennen. Auf diesem Hintergrund werden auch die oft erstaunlichen Leistungen von Schachmeistern im Simultanspiel verständlich. Ähnliche und darüber hinausgehende Resultate fand man, als Novizen und Experten aus den Bereichen der Physik, der Radiologie, der Informatik, der Sozial- und der Wirtschaftswissenschaften bei der Lösung fachlicher Probleme verglichen wurden (vgl. CH1/ GLASER/REES 1982; LESGOLD 1984).
Alle verfügbaren Befunde belegen die bedeutende Rolle des Wissens und der automatisierten Routinen für die Lösung intellektuell anspruchsvoller Probleme. Damit aber wird zugleich die mäßige Vorhersagekraft von Fähigkeitsmessungen in der Kindheit für herausragende berufliche Leistungen im Erwachsenenalter verständlich; denn diese Leistungen hängen offenkundig nicht nur von einer hohen Ausgangsbegabung, sondern auch vom Erwerb des notwendigen Expertenwissens ab. In diesem Sinn kann man Expertise als einen Zielzustand für die Entwicklung von Hochbegabten ansehen.
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Der Erwerb von Expertise aber erfordert sehr viel Zeit und Anstrengung. „No pain, no gain“, heißt ein Motto von WILLIAM CHASE, dem kürzlich verstorbenen wissenschaftlichen Experten über Expertise (ANDERSON 1985, S. 233). RICHARD HAYES (1985) glaubt aufgrund verschiedener Studien, daß Höchstleistungen in der Wissenschaft, im Schach, aber auch — und ‚das mag wegen der vielen Wunderkinder überraschend klingen — in der Musik eine intensive Arbeit von wenigstens zehn Jahren voraussetzen (vgl. auch WALBERG u. a. 1984).
Damit wird die Motivation im Sinne des Aufgaben-Commitments zu einer wesentlichen Determinante des statistischen Zusammenhangs zwischen hoher Begabung im Kindesalter und exzellenten Leistungen von Erwachsenen. MICHAEL HOWE (1982) sieht in der Intensität und der Dauerhaftigkeit persönlicher Anstrengung, in der Konzentration auf ein Aufgabengebiet und in einem dominierenden Sachinteresse sogar die entscheidenden Bedingungen für die Genese außergewöhnlicher Leistungen. Solche Annahmen sind wahrscheinlich auch der Grund dafür, daß manche Autoren motivationale Aspekte sogar zu einem Definitionsmerkmal für Hochbegabung machen wollen (z. B. RENZULLI 1978).
Die individuelle Stabilität von Motivation und Anstrengung über lange Zeitabschnitte hinweg ist auch deshalb so wichtig, weil man sich den Übergang vom Novizen zum Experten nicht als einen permanenten Wissenszuwachs mit linearen Leistungsfortschritten vorstellen darf. So fand zum Beispiel LESGOLD (1984) eine U-förmige Leistungsentwicklung bei der Ausbildung von Radiologen, die er mit systematischen Veränderungen des deklarativen und prozeduralen Wissens in Zusammenhang bringt. Danach verfügen Berufsanfänger über einfache, robuste und breit nutzbare Strategien der Informationsverarbeitung, die allerdings bei komplizierten oder untypischen Problemen versagen. Mit zunehmender Erfahrung werden die Wahrnehmungs- und Denkschemata komplexer, ihre Anwendung ist aber noch nicht hinreichend flexibel und routinisiert, so daß sich die Diagnoseleistungen vorübergehend sogar verschlechtern, bis sie sich als Folge weiteren Erfahrungszuwachses sehr stark verbessern und im Hinblick auf Schnelligkeit, Sicherheit und Richtigkeit der Urteile auch unter belastenden Bedingungen und bei schwierigen Aufgaben ein sehr hohes Niveau erreichen.
Für unsere Fragestellung ergeben sich aus den Untersuchungen zum Novizen-Experten-Paradigma drei grundlegende Fragen:
- Zum einen ist ungeklärt, wie sich unterschiedliche Fähigkeiten auf den Erwerb von Expertise auswirken. Sind mit allgemeiner oder spezieller Hochbegabung besonders schnelle Lernfortschritte, gute Wissensqualität und ein hohes, maximal erreichbares Leistungsniveau verbunden? Verläuft der Erwerb von Expertise bei weniger Begabten im Vergleich dazu lediglich langsamer, oder führt er auch zu qualitativ anderen Ergebnissen? Erreichen weniger Begabte vielleicht sogar relativ früh ein Plafond, dessen Niveau durch beliebige weitere Anstrengung nicht mehr überschritten werden kann?
- Zum anderen ist die Frage offen, ob ein vergleichbares Expertenwissen bei unterschiedlichen Fähigkeiten zu ähnlichen oder verschiedenartigen Leistungen führt. Wovon hängt es ab, ob zum Beispiel ein reichhaltiges Wissen lediglich rezeptiv, vorwiegend interpretativ oder auch produktiv genutzt werden kann, was
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man in dieser Unterschiedlichkeit häufig bei Wissenschaftlern und Künstlern beobachten kann?
- Zum dritten wissen wir nicht, ob es in der kognitiven Entwicklung Zeitabschnitte gibt, die für den Erwerb grundlegender Voraussetzungen von Expertise besonders günstig sind, wie es zum Beispiel für den Fremdsprachenerwerb vermutet wird (CARROLL 1985).
Das sind wissenschaftliche Problemstellungen von eminent praktischer Bedeutung. Sie sind nicht nur ungelöst, sondern ihre Bearbeitung ist bisher kaum in Angriff genommen worden. Erst Fortschritte in einer solchen expliziten Verknüpfung von Prädiktoren, Entwicklungsverläufen und Kriterien werden aber die Hochbegabten-forschung zu einem theoretisch ergiebigen und praktisch verwertbaren Arbeitsgebiet machen.
- Wie entwickelt sich das Denken hochbegabter Kinder?
Aus manchen testpsychologischen Arbeiten könnte man den Eindruck gewinnen, daß überhaupt keine Entwicklung der Intelligenz im Kindes- und Jugendalter zu erwarten ist. In der psychometrischen Forschungstradition geht es nämlich vorwiegend um die Stabilität intellektueller Fähigkeiten, also um die Frage, ob die relative Position der Testwerte eines Individuums, wie immer sie kognitiv zustandegekom-men sein mögen, in der Population der Gleichaltrigen über lange Zeitspannen hinweg konstant bleibt oder sich verändert. Vorliegende empirische Ergebnisse belegen, daß etwa vom 5. Lebensjahr an Intelligenzquotienten eine gute, zunehmend sogar sehr gute Prädiktion des Intelligenzquotienten auf einer späteren Altersstufe erlauben. Mit anderen Worten: Individuelle Fähigkeitsunterschiede, gemessen durch Intelligenztests, erweisen sich im Verlauf des Kindes- und Jugendalters als zunehmend konstanter (WoHLwILL 1980).
Im einzelnen zeigen sich unabhängig vom Lebensalter, aber jeweils bezogen auf die Gruppe der Gleichaltrigen, Hochbegabte in folgenden intellektuellen Fähigkeiten und Fertigkeiten als besonders leistungsstark:
- In der Schnelligkeit, mit der Symbole erworben werden können, im Grad der Abstraktheit erlernbarer Symbole und in der erfaßbaren Komplexität der Beziehung zwischen Symbolen (NEWLAND 1976).
- In der Kompetenz und Bereitschaft, neuartige Information wirksam zu verarbeiten (BERG/STERNBERG, im Druck; MARR/STERNBERG, im Druck).
- In der Effizienz verschiedener Gedächtnisfunktionen (KEATING/Bosnrrr 1978).
Stabilität ist natürlich nur die eine Seite der Münze. Während sich die Intelligenzunterschiede zwischen den Kindern nur wenig verändern, entwickelt sich im Verlauf der Kindheit das Denken in vielfältiger Weise. Die Stadientheorie von JEAN PIAGET ist der bisher umfassendste Versuch einer universellen Beschreibung dieser Veränderungen. Ist der Entwicklungsverlauf vom präoperativen Denken über die konkret-operative Phase zum formal-abstrakten Stadium auch für hochbegabte Kinder charakteristisch, und wie unterscheiden sie sich vom Durchschnitt der jeweiligen Altersgruppe? Obwohl es einige widersprüchliche Resultate gibt, sprechen die
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meisten empirischen Befunde dafür, daß Kinder, die in nichtsprachlichen Intelligenztests besonders hohe Werte erzielen, oder aufgrund ihrer Leistungen von Beobachtern als besonders begabt eingeschätzt werden, die von PIAGET beschriebene Entwicklungssequenz des logischen Denkens besonders schnell durchlaufen und im Gegensatz zu relativ vielen durchschnittlich oder unterdurchschnittlich begabten Jugendlichen das Stadium des formal-abstrakten Denkens durchwegs erreichen (KEATING 1975). Eine Vielzahl neuerer Studien belegt allerdings, daß Stadien nicht bereichsübergreifend durchlaufen werden. Intraindividuelle Ungleichzeitigkeiten im Erreichen vergleichbarer Leistungskriterien sind eher die Regel als die Ausnahme (vgl. GELMAN/BAILLARGEON 1983; WEBB 1974). Theoretisch interessant sind in diesem Zusammenhang Beobachtungen von FELDMAN (1980, 1982), nach denen in Abhängigkeit von Spezialbegabungen, bereichsspezifischem Wissenserwerb und/oder spezieller Ausbildung bedeutsame intraindividuelle Entwicklungsunterschiede auftreten. Intra- und interindividuelle Entwicklungsunterschiede im Verstehen, Verwenden, Einprägen und Erinnern von Informationen werden zu einem wesentlichen Teil auf Wissensunterschiede zurückgeführt. Nach SUSAN CAREY (1984) sind Kinder auf praktisch allen Gebieten Novizen, wo Erwachsene Experten sind. Aufgrund einer Literaturübersicht demonstrieren neuerdings JACKSON und BUTTERFIELD „that a child’s knowledge of a content-domain may be one important determinant of whether the child demonstrates gifted performance an memory or reasoning problems which tap the knowledge“ (im Druck, S. 26). Die theoretische Konsequenz ist eindeutig: Kognitive Entwicklung kann nicht als homogener Prozeß angesehen werden, sondern als ein Geschehen mit vielen Teilkomponenten, die unter der Oberfläche des sichtbaren Verhaltens zusammenwirken und sich nicht immer gleichzeitig und gleichsinnig verändern.
Leider fehlt es bisher an Studien, die dem Zusammenhang zwischen intellektueller Begabung, persönlichen Interessen, häuslichen Anregungen auf der einen und dem Wissenserwerb auf der anderen Seite gewidmet sind. Solche Untersuchungen könnten auch Hinweise liefern, wie sich Verfügbarkeit, Nutzung und Wissen über Nutzungsmöglichkeiten von Problemlösungsstrategien bei hochbegabten Kindern entwickeln.
Mit der starken Betonung des bereichsspezifischen Wissens als Bedingung unterschiedlicher Denkleistungen stellt sich natürlich die Frage nach einer individuell angemessenen pädagogischen Förderung aller, also auch der hochbegabten Kinder, besonders nachdrücklich. Solange in der Entwicklungspsychologie die Theorie von JEAN PIAGET dominierte, war die Beantwortung dieser Frage unproblematisch, weil es lediglich darum gehen konnte, universelle Entwicklungstendenzen nicht zu blockieren, sondern in behutsamer Weise durch eine anregungsreiche Umwelt zu fördern. Die Situation hat sich drastisch verändert, seit aus guten Gründen Theorien der Informationsverarbeitung auch in der Entwicldungspsychologie eine entscheidende Rolle spielen. Es konnte in vielen Studien gezeigt werden, daß sich die kognitive Entwicklung durch geeignete Förderungsmaßnahmen beeinflussen und in begrenztem Maße sowie in bestimmten Bereichen akzelerieren läßt. Das gilt natürlich auch für hochbegabte Kinder (BENBOW/STANLEY 1983), wobei die Effektivität von allgemeinen Trainingsprozeduren bei geistig retardierten Kindern besonders auffällig ist (CAMPIONE 1984), während bei Hochbegabten der Erwerb qualitativ ausgezeichneten Wissens eine besondere Domäne zu sein scheint. Inso-
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fern könnten gerade für diese Gruppe von Kindern Bildungsangebote wichtiger und wirksamer sein als formale Trainingsprogramme.
Stellt man auf diesem Hintergrund die Frage nach den wissenschaftlichen Grundlagen pädagogischer Förderungsprogramme für Hochbegabte und bemüht sich um eine möglichst nüchterne Antwort darauf, so bieten sich drei Thesen an:
- Jahrzehntelange Versuche, Hochbegabung im intellektuellen Bereich durch Testverfahren zu definieren und zu diagnostizieren, waren nicht sehr erfolgreich. Die Vorhersagbarkeit von Schul- und Lebensleistungen blieb mäßig; der Zusammenhang mit den Ergebnissen bei der Lösung komplexer Denkaufgaben ist völlig unbefriedigend. Berücksichtigt man zusätzlich die nicht hinreichend geklärte Beziehung zwischen allgemeinen Fähigkeiten und bereichsspezifischer Expertise, so könnten intelligenzorientierte Programme zur Identifikation und Förderung besonders begabter Kinder vielleicht zur Rechtfertigung, nicht aber als Begründung solcher Bemühungen dienen. Nicht zu vertreten ist beim gegenwärtigen Erkenntnisstand eine frühe, systematische und verbindliche Selektion hochintelligenter Kinder mit dem Ziel isolierter und spezifischer Förderung.
- Alltägliche Beobachtungen und wissenschaftliche Befunde zeigen übereinstimmend, daß es intellektuelle Hochbegabung von sehr unterschiedlicher und zum Teil sehr spezifischer Art gibt, die sich schon beim kleinen Kind in vielfältiger Weise manifestiert. Eine möglichst unvoreingenommene Beobachtung der-kindlichen Entwicklung, die Befriedigung erkennbarer geistiger Bedürfnisse, die Vermeidung von Leistungsblockierungen und ein reichhaltiges, offenes Angebot an Lerngelegenheiten sind psychologisch angemessener als das Klammern an einseitige und oft ungesicherte wissenschaftliche Moden.
- Es gibt allerdings bereits jetzt viele wissenschaftliche Erkenntnisse, die für das Verständnis und die Förderung hochbegabter Kinder genutzt werden können. Zumindestens die psychologische Forschung befindet sich zur Zeit in einem sehr interessanten Stadium, und man darf in absehbarer Zeit viele neue und wichtige Einsichten erwarten. Was es aber mit Gewißheit nicht geben wird, sind einfache theoretische Modelle, aus denen sich eindeutige Folgerungen für das praktische Handeln ableiten lassen. Gerade bei der Erziehung und Bildung von hochbegabten Kindern wird man vieles gesellschaftlich, pädagogisch oder ethisch nicht erstrebenswert finden, was psychologisch vielleicht erreichbar wäre. Erst die verantwortungsbewußte Berücksichtigung vieler erwünschter Ziele und unerwünschter Nebenwirkungen pädagogischen Handelns eröffnet die Aussicht, das hochbegabte Kind vor den von KOHLBERG und MAYER beschworenen Entwicklungsalternativen zu bewahren, „to become a happy pig or an unhappy Socrates“ (1972, S. 472).
Anmerkung
1 Diese Literaturübersicht ist die gekürzte Fassung eines Vortrags, der auf der 6th World Conference an Gifted and Talented Children im August 1985 in Hamburg gehalten wurde. Sie ist Teil eines vom Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft geförderten Projekts.
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Abstract
How do the Gifted think? Intellectual Abilities and Cognitive Processes
In spite of several decades of psychological research of giftedness, we still know very little about the intemal and extemal conditions of superior intellectual performance of children and adults. Accordingly, we try to discuss the findings of three converging research domains, which promise to provide a better understanding of exceptional intellectual talent and performance. The cognitive correlates and compo-nents approach is concerned with the specification of the cognitive processes that enable the individual to solve difficult test items. The expert-novice research is studying the cognitive characteristics of experts and their high level performance in complex content domains. Finally, the differentially oriented developmental psychology is seeking to elucidate the developmental progression of cognitive competen-cies in relation to various levels of ability.
Anschrift der Autoren:
- E. Weinert/Michael R. Waldmann, Max-Planck-Institut für Psychologische Forschung,
Leopoldstr. 24, 8000 München 40